#AskIman: Alles sinnlos

Thema: Alles sinnlos

Alter: 19

Geschlecht: weiblich

Nachricht: Ich weiß nicht, warum ich diese Nachricht schreibe. Ich habe diese Artikelreihe über Instagram gefunden. Ich kenne keine muslimischen Psychologen und vielleicht können Sie mir ja helfen. Wie schon oben angegeben, bin ich 19 Jahre alt und bevor Sie sagen, ich sei viel zu jung für solche Gefühle, hoffe ich, dass man Sie meine Worte ernst nehmen.

Ich denke immer häufiger an den Tod. Ich habe keine Angst vor dem Tod, im Gegenteil, ich „vermisse“ ihn. Ich weiß, dass man als Moslem nicht so denken darf. Vor einigen Monaten habe ich meine Verlobung aufgelöst. Ich dachte, dass ich bereit bin für die Ehe. Aber im Augenblick fühle ich mich für nichts bereit. Obwohl ich diesen Mann liebe. Ich mache gerade eine Ausbildung und danach wollten wir heiraten. Sogar auf die Ausbildung habe ich kein Bock mehr. Nichts erfüllt mich. Alles ist sinnlos. Sorry, kann nicht viel schreiben.

Keine Sorge, ich werde mich nicht umbringen. Dafür ist meine Angst vor Allah zu groß. Ich kann so aber nicht mehr weiterleben. Sogar das zu schreiben war mega anstrengend.

 

Liebe Weiblich, 19,

Vielen Dank für Dein Vertrauen und für den Mut, Dir ein Herz zu fassen, um diese Zeilen zu verfassen. Ich kann herauslesen, was das für ein Gewaltakt gewesen sein muss und wieviel Kraft Dich das gekostet hat.

Meine Antwort wird im ersten Augenblick ein wenig unbequem wirken, denn es erfordert Handlung von Deiner Seite, um einen Schritt in Richtung Besserung zu machen. Eins vorab, Du kannst mich jederzeit persönlich anschreiben und ich werde mein Bestes versuchen, Dich an die richtigen Ansprechpartner zu vermitteln.

Natürlich ist eine Ferndiagnose in einem solchen Rahmen unmöglich, aber vieles deutet darauf hin, dass es sich um eine Depression handelt, die Dein Leben überschattet. Im Volksmund sagen wir oft „Ich habe Depressionen“ oder „Ich bin depressiv“, wenn wir zum Ausdruck bringen wollen, dass wir niedergeschlagen sind.

Eine Depression ist jedoch eine psychische Erkrankung, die sich auf viele Weisen äußern kann. Physisch und psychisch übernimmt sie die Kontrolle und hinterlässt oft den Eindruck, dass nichts im Leben einen Sinn ergibt. Gerade in der muslimischen Gesellschaft – auch hier im Westen – wird das Thema totgeschwiegen.

Viele sind der Ansicht, dass die Antworten auf mentale Sorgen im Koran zu finden sind und so wird die gravierende Wirkung einer Depression minimalisiert oder gar abgetan. Natürlich befinden sich die wichtigen Antworten zu den weltlichen Fragen im Koran. Was jedoch viele unterschätzen oder gar ignorieren, ist die Hervorhebung der menschlichen Weiterentwicklung. Psychologie ist eine Wissenschaft und kein Hokuspokus. Sie dient nicht dazu, die Religion zu verteufeln oder gar zu verleugnen. Und so, wie man zum Arzt gehen muss, wenn man sich ein Bein bricht, so muss man auch zum Psychologen, wenn man mentale Sorgen hat, die anders keine Genesung durchmachen können.

Es ist äußerst wichtig, dass Du Dich an Deinen Hausarzt wendest. Der wird Dir eine Überweisung ausstellen. Mit dieser kannst Du Dich an Psychologen/Psychologinnen wenden, die Dir helfen können und auch werden, wenn Du Dich drauf einlässt.

Mir ist bewusst, dass muslimische Psychologen eher eine Rarität sind, jedoch sind die Religion oder die persönlichen Ansichten des Therapeuten in der Therapie zweitrangig, ja sogar unwichtig. Wichtig ist, dass Du Dich wohlfühlen kannst.

Mir ist bewusst, dass sich das alles nach zu vielen Schritten anhört, wenn das Aufstehen am Morgen ein Kampf sein kann.

Aber wie bereits vorab erwähnt, Du kannst mich jederzeit persönlich unter iman@basmamagazine.com anschreiben und ich werde Dir, so gut es geht, helfen.

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft.

 

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