Soldatinnen in Turban: Iman Aldebes Kampf für Frauen

Photographer Elin Bergh, Copyrights Iman Aldebe,

[:de]Stellt euch mal folgendes vor: Ihr ruft aus irgendeinem Grund die Polizei und es erscheint eine uniformierte Polizistin mit Hijab oder Turban. Unvorstellbar? Iman Aldebe aus Schweden hat es mit ihren Entwürfen geschafft, dass so etwas zur Realität bei unseren nördlichen Nachbarn wurde. Sie beweist, dass es bei Mode und insbesondere bei Modest Fashion um mehr als nur die Hülle oder das Verhüllen geht. Lest auf BASMA, wie die gebürtige Jordanierin versucht, durch ihr Label Happy Turbans muslimische Frauen sichtbarer zu machen.

BASMA: Bitte erzähle uns von Deinem Hintergrund als Designerin und der Philosophie hinter Deiner Marke.

Iman: Seit meinem sechsten Lebensjahr träumte ich davon, Modedesignerin zu werden und muslimische Mode für Frauen zu modernisieren. Meine Mutter und ihre Freundinnen trugen keine modische Kleidung. Die Klamotten waren ziemlich riesig, langweilig und ausgebeult. In den Kleidern war überhaupt keine weibliche Silhouette erkennbar. Ich hatte schon früh das Gefühl, dass ich das  musste und begann moderne muslimische Kleidung für Frauen zu entwerfen, die funktional war. Meine Philosophie von Anfang an war, Frauen durch meine Mode sichtbarer zu machen.

BASMA: Was ist die Inspiration für Deine Designs?

Iman: Ich werde inspiriert durch Reisen, durch einen Eisen- oder Glaswarenladen, durch Treffen mit verschiedenen Leuten und von Dingen, die ich nie für möglich gehalten hätte. Alles, was meine Emotionen bewegt, lässt mich kreativer werden. Wenn ich mich „sicher“ fühle, kann ich nicht kreativ werden. Ich muss etwas darüber hinaus „extra“ fühlen, um in der Lage zu sein, etwas zu schaffen, bei dem ich mich großartig fühlen würde. Ich denke, als Künstler oder Designer muss man in Situationen sein, in denen man noch nie war, sodass man jeden Tag neue Dinge erleben kann, die sich positiv auf die Kreativität auswirken.


„Die Polizei stand hinter mir.“


BASMA: Welches sind die Haupthindernisse, denen Du (durch die Gesellschaft, aber auch innerhalb der Gemeinschaft) begegnet bist und wie gehst Du damit um?

Iman: Die Gestaltung religiöser Arbeitskleidung für muslimische Frauen in der Polizei, dem Militär und der Feuerwehr machte die Rassisten in Schweden sehr wütend. Ich erhielt Drohungen und sogar die Frauen, die meine Designs trugen, wurden bedroht. Sie wollten keiner muslimische Frau in Hijab als Polizistin begegnen. Ich denke, dass sie es nicht akzeptieren können, eine starke Frau mit Hijab zu sehen, weil sie immer noch glauben wollen, dass muslimische Frauen Außenseiterinnen sind, die nicht selbstständig oder emanzipiert und Teil der Gesellschaft sein wollen.

BASMA: Gab es noch andere Reaktionen?

Iman: Der Leiter der schwedischen Polizei rief mich an, als die Reaktionen der Rassisten Schlagzeilen machten und sagte mir, dass es viele Kritiker gegen den Polizei – Hijab gäbe, aber dass sie ihre Politik nicht ändern würden, den Polizei – Hijab zu erlauben. Die Polizei stand hinter mir , das gab mir Sicherheit, sowie Hoffnung und Vertrauen für die Zukunft der Hijabis .

BASMA: Wen würdest Du gerne in Happ Turbans sehen?

Iman: Ich würde gerne für Königin Rania, Sheikha Mozah und Beyoncé entwerfen


„Das hat mir das Gefühl gegeben, dass ich für muslimische Frauen wirklich  etwas verändert habe“


BASMA: Wie definierst Du die Rolle von Influencern in der Branche?

Iman: Ich denke, dass mehr Influencer ihre Stimme benutzen sollten, um einen Unterschied für andere Hijabis zu machen. Ich kann keinen Influencer nennen, der bescheiden geblieben ist nach  dem Instagram Ruhm. Ich denke, einige Modest Fashion Influencer kommen und gehen in der Branche. Und  nur wenige machen tatsächlich einen Unterschied  im Leben der Menschen – ganz real und nicht nur online.

BASMA: Was war bisher Dein größter Erfolg?

Iman: Religiöse Arbeitskleidung entwerfen und jungen Musliminnen Hoffnung geben, dass sie tatsächlich Polizistin, Feuerwehrfrau oder Soldatin werden und gleichzeitig den Hijab tragen können. Religiöse Symbole in der Polizei sind erst seit einigen Jahren erlaubt. Das hat mir das Gefühl gegeben, dass ich für muslimische Frauen wirklich etwas verändert habe, damit sie ihre Träume  verwirklichen können.

BASMA: Was fehlt Dir in der Branche?

Iman: Modedesigner, die ihre Unterschrift in ihren Kollektionen verwenden. Einige große Modest Fashion Designer verwenden billige Stoffe und Kopien von anderen. Das entspricht nicht der islamischen Ethik. Es schreit nur danach, dass es der Marke nicht gut geht und dass sie sich nicht halten wird. Ich denke, dass eine wachsend Anzahl an Modest Fashion Marken mehr Online-Shops eröffnen werden und dass sie letztendlich Qualität anstelle von Quantität wählen werden. Man wird sich auf die regulären Mainstream Plattformen weltweit konzentrieren, anstatt die Modest Fashion als Nische zu wählen.


„Modest Fashion ist nicht länger ein „Phänomen“, es ist eine lukrative Geldquelle geworden.“


BASMA: Was hat sich seit Deinen Anfängen verändert?

Iman: Ich denke, ich habe mich sehr verändert. Ich kümmerte mich sehr darum, was die Leute über mich als Designerin und über meine Designs dachten, anstatt mich nur auf mich zu konzentrieren und meine kreative Energie durch meine Kollektionen fließen zu lassen oder mich von Leuten zu umgeben, die mich nicht erfolgreich sehen wollten. Aber jetzt bin ich vorsichtiger, mit wem ich meine Zeit und Energie verbringe. Ich konzentriere mich auf meine High Couture, sowie ready-to-wear  Linie. Ich entwerfe auch Kleidung, aber nur per Vorbestellung neben der religiösen Arbeitskleidung für Apotheken, Restaurants, Krankenhäuser und viele weitere Unternehmen in Schweden.

BASMA: Wo siehst Du die Modest Fashion in 5 Jahren?

Iman: Wir haben bereits gesehen, dass die großen französischen und italienischen Modehäuser der Modest Fashion näher gekommen sind, sogar meine Entwürfe von 2015 wurden von Gucci kopiert. Und ich denke Modest Fashion ist nicht länger ein „Phänomen“, es ist eine lukrative Geldquelle geworden. Unternehmen wissen, dass, wenn sie eine muslimische Frau benutzen, die Hijab in ihren Beiträgen oder auf dem Runway trägt, sie automatisch PR bekommen. Ich wünsche mir nur, dass mehr Unternehmen muslimische Frauen, die den Hijab tragen, wirklich vom Herzen mit einbeziehen. Das würde langfristig einen größeren Impact haben.

BASMA: Was sind Deine nächsten Pläne und Projekte?

Iman: Die Frauen im Iran durch meine Mode sichtbarer zu machen.

 

Wenn Ihr Lust bekommen habt, mehr von ihren Designs zu sehen und euch noch etwas gedulden könnt: Nächstes Jahr kommt die Wanderausstellung „Contemporary Muslim Fashions“  aus San Francisco nach Frankfurt in das Museum für Angewandte Kunst .

Titelbild: Photographer Elin Bergh, Copyrights Iman Aldebe

 [:]

Comments

comments