Fashion Designerin Meriem Lebdiri

Designerin Meriem Lebdiri, Foto: Moeez Ali

Wir haben ein Interview mit Fashion Designerin Meriem Lebdiri geführt und über ihren Werdegang, ihr Label Mizaan und über die Modest Fashion Szene gesprochen. Lest mehr dazu im Interview.

Liebe Meriem, Du bist eine erfolgreiche Modedesignerin in Deutschland und entwirfst Mode für Frauen, die sich bedeckter kleiden möchten.

BASMA: Erzähl uns mehr über deine Anfänge. Wie kam es dazu, dass Du Modedesignerin werden wolltest?

Meriem: Ich zog als sechsjähriges Mädchen mit meiner Familie von Algerien nach Deutschland. Als Jugendliche habe ich vergeblich nach der zu mir passenden Kleidung gesucht. Damals waren bauchfreie Wickelblusen und Wickelröcke sehr im Trend. Ich war es leid, ständig was drüber und drunter zu tragen, um nur so viel Haut zu zeigen, wie ich es selbst für richtig hielt. Man sagte mir oft, ich müsse mich entscheiden, weil zum Hijab nur eine bestimmte Art von Kleidung passen würde. Frei nach dem Motto: Entweder Hijab und Abaya, oder kein Hijab und trendy. Ich wollte mich aber nicht entscheiden und fing an, das zu entwerfen, was mir zu der Zeit fehlte: Wickelblusen mit langem Unterstoff, der den Bauch bedeckte und doppelt gewickelte Röcke, bei denen man beim Gehen die Beine nicht sah.

Diese Entwürfe gab es aber erstmal nur auf Papier. Es war eine Art Rückzug in meine eigene kleine, bunte Welt.

BASMA: Welche Rolle haben deine Eltern bei der Verwirklichung deiner Träume gespielt?

Meriem: Eine sehr große! Sie wussten, wir sehr mich die Situation bedrückte und haben mich ernst genommen. Meine Mama hat einige meiner ersten Entwürfe realisiert und ich hatte endlich was anzuziehen, was es so zwar noch nicht gab, aber zu 100% zu mir passte.

Mein Papa hat mich bestärkt, diesen Weg weiterzugehen und an meinen Träumen festzuhalten. Sonst wäre ich heute Erzieherin.

BASMA: Gibt es was Bestimmtes, das dich inspiriert und einen Einfluss auf deine Kollektion hat?

MERIEM: Manchmal sind es Situationen aus meinem Leben oder Begegnungen mit besonderen Menschen.

Meine kürzlich auf der Dubai Modest Fashion Week präsentierte Kollektion ist von den Höhen und Tiefen inspiriert, die wohl jeder von uns kennt. Die Kollektion heißt „Die Kapitel des Lebens“ und beschäftigt sich mit Identitätsbildung und Selbstfindung.


BASMA: Welche Message vermittelt dein Modelabel Mizaan?

MERIEM: Die Message ist eine ganz einfache: Wir sollten uns mehr auf Gemeinsamkeiten fokussieren. Mode hat keine Religion. Sie ist für alle da.

Jede Frau soll sich frei entscheiden können, ein Kopftuch, einen giftgrünen Gemüsesack oder eine glitzernde Krone zu tragen, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen.

Selma Lebdiri / LEBDIRI STUDIOS

BASMA: Gibt es eine Kollektion, bei der Du bereust, sie herausgebracht zu haben?

MERIEM: Nein, das nicht. Aber es gibt natürlich vieles, das ich heute anders machen würde.

BASMA: Es gibt immer wieder Phasen im Leben und in der Karriere, in denen einfach vieles nicht so läuft, wie es laufen soll. Hattest Du auch solche Phasen und wolltest einfach mal aufgeben?

MERIEM: Klar! Ganz viele davon. Aber ich bin gesegnet, Menschen um mich zu haben, die das „große Ganze“ sehen und fest an mich glauben.

Außerdem denke ich, dass gerade die schwierigen Zeiten uns zu besonderen Menschen machen. Man lernt so viel über sich selbst, man reflektiert über sein Umfeld und kann so neue Energie für größere Träume und Ziele schöpfen.

BASMA: Was hat Dich motiviert, dein Ziel weiterzuverfolgen?

MERIEM: Das Ziel ist noch lange nicht erreicht. Erst, wenn Frauen sich von gesellschaftlichen und kulturellen Zwängen in Bezug auf ihre Kleidung befreit haben und sich nicht mehr rechtfertigen müssen, sondern als voller Teil der Gesellschaft gesehen werden, habe ich mein eigentliches Ziel erreicht. Die Fortschritte zu sehen, die wir durch Modest Fashion schon diesbezüglich erreichen konnten, motivieren mich sehr, weiterzumachen.

BASMA: Die Modest Fashion Szene wächst immer mehr. Würdest Du das als Trend einstufen, der bald wieder von der Bildfläche verschwinden wird oder ist das für Dich etwas, das schon längst überfällig war?

MERIEM: Ich würde es so sagen: Modest Fashion ist eine Stilrichtung, die gerade stark im Trend ist.

Der Trend wird natürlich vorüber gehen. Aber die Stilrichtung wird sich etablieren und weiterhin auf den internationalen Laufstegen präsent sein. Da bin ich mir ganz sicher.

BASMA: Wie beurteilst Du die Modest Fashion Szene in Deutschland?

MERIEM: In meiner Generation passiert leider nicht so viel, weshalb es mich immer wieder ins Ausland zieht. Aber ich bekomme ganz viele Nachrichten von jungen Mode-Absolventinnen oder jungen Mädchen, die davon träumen, Modedesignerin zu werden.

Ich sehe auch eine Entwicklung bei jungen Modebegeisterten, die immer selbstbewusster im Netz auftreten. Ich denke, wir machen gute Fortschritte und sollten uns mehr gegenseitig unterstützen, damit man auch im deutschsprachigen Raum von einer richtigen Modest-Fashion-Szene sprechen kann.

Selma Lebdiri / LEBDIRI STUDIOS

BASMA: Welchen Rat würdest Du Jung- und Nachwuchsdesignern geben?

MERIEM: Vernetzt euch. Geht auf Mode-Events. Werdet sichtbar! Und wartet nicht darauf, entdeckt zu werden oder bis sich irgendwelche Projekte ergeben. Sucht euch Gleichgesinnte und realisiert eure eigenen Projekte.

BASMA: Wie schaffst Du es, das Gleichgewicht zwischen Islam und Fashion zu halten?

MERIEM: Ich versuche es schon lange nicht mehr. Es passiert einfach. Mein Glaube und mein Beruf gehören beide zu mir. Somit sind sie ständig im Gleichgewicht in all dem, was ich tue.

BASMA: Es gibt immer wieder kritische Meinungen darüber, dass Mode im Islam keine Wertstellung hat. Wie siehst Du das?

MERIEM: Solche Aussagen zielen meist darauf ab, Frauen ganz klein zu machen und ihnen ihre Träume abzuschlagen. Wir können nicht alle Ärztinnen und Astronautinnen werden.

Eine kritische Meinung zu haben, ist immer gut. Mich würde aber eher interessieren, welchen Wert gerade die „Kritiker“ dem Glauben oder der Gesellschaft bringen.

BASMA: Wie würdest Du dich in 3 Wörtern beschreiben?

MERIEM: Temperamentvoll, Kosmopolitin, Löwen-Mama.

BASMA: Welche Message würdest Du an die Welt geben, wenn Du wüsstest, dass genau in diesem Moment die ganze Welt nur Dir zuhört.

MERIEM: Oh Gott, was für eine Aufgabe! Ich würde mir wünschen, dass wir mehr miteinander reden und Gemeinsamkeiten erkennen. Niemand soll je mehr in eine Schublade gesteckt oder auf Äußerlichkeiten reduziert werden.

Meriem, tausend Dank für das Interview!

Photocredit Meriem Lebdiri: @moeeztali / Moeez Ali

Video: @mucanfilms

 

 

 

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