Wir haben alle vor ein paar Wochen von der H&M Close the Loop Kampagne gehört und gelesen. Die Hauptbotschaft der Kampagne ist, dass in der Mode alles erlaubt ist und, dass jeder so akzeptiert werden soll wie er ist, weil es in der Mode nur ein Regel zu beachten gibt und die lautet: Recycle deine Kleidung.
So sind im Video zum Beispiel Models zu sehen, die Sandalen in Kombination mit Strümpfen tragen, Models die von Kopf bis Fuß in der gleichen Farbe gekleidet sind oder ein über 30 jähriger in Teenagerkleidung. Und dann kommt das, was niemand erwartet hat: eine Kopftuchträgerin mit Sonnenbrille erscheint mit dem Satz: „Sei chic.“ Spätestens in dieser Sekunde 00:55 hat jeder noch mal zurückgespult, um zu prüfen, ob es wirklich eine Kopftuchtägerin war oder ob man sich das nicht nur eingebildet hat.
Es stärkt ganz klar die Position der Frau mit Kopftuch in der nicht vom Islam geprägten Gesellschaft. Viele Frauen haben sich angesprochen gefühlt, sich stolz gefühlt und haben endlich seit langem wieder Freude und Anerkennung von den Medien erleben dürfen.
Es war Maria Idriss mit Sicherheit nicht bewusst, dass sie so eine Welle durch die Mitwirkung in der H&M Close the Loop Kampagne, auslösen wird. Sie selbst hat in mehreren Interviews gesagt, dass sie das Gefühl hat, dass Frauen mit Kopftuch keine Anerkennung in der Mainstream Modeindustrie erhalten bzw. nicht mit in Betracht gezogen werden. Es war auch eine einmalige Chance für sie, da die Botschaft der Kampagne auch im Sinne des Islams ist, hinsichtlich der Verschwendung und der Wiederverwertung.
Es werden wahrscheinlich in Zukunft weitere Unternehmen folgen und das wird mit Sicherheit nicht die letzte H&M Kampagne mit einer Kofptuchträgerin sein. Auch wenn die Meinungen im Netz sehr unterschiedlich sind, viele fanden es toll und haben sich gefreut. Viele haben sich von H&M abgewandt und deren Handeln kritisiert, nicht nur im rassistischen Sinne, sondern auch im Sinne, dass H&M die Unterdrückung der muslimischen Frau unterstütze.
H&M war und ist ein Vorreiter in der Modeindustrie. Das Unternehmen hebt sich durch die frühe Trenderkennung ab und die Akzeptanz verschiedener Kulturen und dem Menschen so wie er ist. Nicht umsonst lautet einer ihrer internen Werte: „Bei uns zählt der Mensch.“ Wir sind stolz und freuen uns, dass H&M so einen kritischen Schritt gewagt hat und wir vermuten, dass es keine einfache Entscheidung für die Marketingabteilung bei H&M gewesen ist.
Betrachten wir die andere Seite der Medaille, hat diese Welle den eigentlichen Zustand der Frau mit Kopftuch in Europa herauskristallisiert, nämlich, dass sich die Frau mit Kopftuch heute immer noch benachteiligt fühlt.
Das Traurige daran ist, dass gerade so eine Kampagne wie eine Bestätigung angesehen worden ist bzw. wie etwas, dass das Kopftuch an sich untermauert und sich dadurch erst viele Frauen als selbstverständlich mit ihrem Kopftuch sehen. Aber wie lange wird dieses positive Gefühl anhalten? Mittlerweile redet noch kaum jemand darüber bzw. in ein paar Monaten wird das schon wieder vergessen sein. Werden wir dann bei der nächsten Kampagne wieder ausflippen und von null anfangen?
Wir sollten anfangen uns Hijabis als selbstverständlich zu sehen, uns ganz klar zu freuen wenn nicht vom Islam geprägte Marken uns Beachtung schenken, es aber nicht als eine Bestätigung zu sehen oder als etwas was unser Dasein berechtigt.
Fühl dich wohl in dem was du trägst und in deinem Hijab, warte nicht auf eine Bestätigung von anderen.
Noch eine Frage, die sich auch bei mir gestellt hat, ist: Warum wurde dem Apple Music Spot so wenig Beachtung geschenkt, wo eine Hijabi direkt in der erste Sekunde gezeigt wird?
Wenn wir ein Interview mit Maria Idriss führen, welche Fragen sollen wir für euch stellen? Schreibt sie in die Kommentare oder schickt sie direkt an hasania@basmamagazine.com mit dem Betreff Maria Idrissi.