„Maaaaaamaaa, aufstehen!“ – „Macht doch bitte das Licht wieder aus…“, murmle ich halbschlafend vor mir hin und werde durch das laute Kinderlachen, Herumspringen auf meinem Bett und dem lauten Gesang, das wie ein Brummen in meinem Ohr liegt, langsam aber sicher wach – hellwach.
„Heute ist unser Taaaaaaaaaaag, heute ist unser Glückstaaaaaaag, heute ist Hasentaaaaaag, laaallalallaaaaaa!“
Oh Gott! Mir wird langsam bewusst, was ich mir selbst gestern angetan habe. Ich habe ernsthaft versprochen, dass meine Töchter, oder besser gesagt WIR Haustiere bekommen werden.
Ok, ich brauche jetzt erst mal einen Kaffee. Nein natürlich nicht zum Wachwerden, sondern um die Zeit hinauszuzögern und mir Ausreden einfallen zu lassen, warum es doch keine Haustiere für uns geben wird.
Während die Kinderparty – oder besser gesagt: die Hasenparty – im Zimmer weitergeht, mache ich uns Frühstück und überlege, wie ich aus meiner Situation wieder herauskommen könnte. Wie sollte das auch gehen? In unser Leben passen keine Haustiere. Die machen doch nur Dreck, kosten Geld, nehmen viel Zeit in Anspruch und genau diese Zeit haben wir nicht! Wir fliegen zu oft weg, ich arbeite -auch wenn von Zuhause- fast Vollzeit, die Kollektion für London muss perfekt werden, und ich habe nur noch wenige Wochen Zeit dafür. Aber sind das überhaupt Gründe, die ein Kind versteht? Naja, versuchen kann man es ja.
„Frühstück ist fertig!“ Kaum habe ich diesen Satz ausgesprochen, höre ich schnelle, laute, stampfende Kinderschritte in Richtung Esszimmer und es kommt mir vor, als würde die Hasenparty jetzt hier weitergehen.
„Juhhuuuuuuuuu! Nach dem Frühstück gehen wir Hasen kaufen!“, freut sich Nora. Schnell bekommt sie Unterstützung von ihrer kleinen Schwester, die ohnehin schon die ganze Zeit eifrig mitfeiert, als wüsste sie genau worum es geht.
„Hör mal mein Schatz, das mit den Haustieren… also, ähm… ich hab‘ halt Angst, dass dich die Haustiere von der Schule ablenken und du dadurch…“ – „Typisch Mama! Immer änderst du deine Meinung! Nie traust du mir was zu. Ich habe keine Lust auf Frühstück!“ Und schon knallt ihre Zimmertür.
Na toll! Ist das schon die Pubertät? Mit neun Jahren? Wieso kann sie nicht verstehen, dass ich schon genug Dinge unter einen Hut bekommen muss. Es ist ohnehin nicht einfach im Moment. Warum sollten wir dann alles noch komplizierter machen?
Mitten im Raum stehen nun Linda und ich uns gegenüber. Sogar dieser kleine Bengel scheint richtig verärgert von mir zu sein. Bin ich wirklich eine schlechte Mutter? Sollte ich mir langsam Gedanken machen, ob ich noch das richtige Gleichgewicht im Leben habe? Oder ist es schon längst verloren gegangen?
Ich nehme Linda auf den Arm und mache mich auf den Weg, Nora zu trösten. Aber was soll ich sagen? Was ist gerade richtig oder falsch? Gibt es an der Uni eigentlich Familienpsychologisch-pädagogisch-verhaltenstechnische Wissenschaften? Dann fange ich heute noch mein Studium an! – Achso, ich habe ja KEINE Zeit…