Die Zero Waste Iftar Challenge

Ramadan: Eine Zeit der Rückbesinnung und der Reflektion. Der ideale Zeitpunkt, sich auch den eigenen Umgang mit der Umwelt bewusst zu machen und das eigene Konsum-Verhalten zu überdenken. Der ideale Zeitpunkt für eine Challenge, findet Nadina. Mit ihr haben wir über die Zero Waste Iftar Challenge, das Vermeiden von Müll im Alltag und die damit verbundenen Herausforderungen gesprochen. Soviel sei vorweg gesagt: Ihre Begeisterung für das Thema ist ansteckend.
 

Basma: Liebe Nadina, stelle dich doch kurz vor: Wer bist Du und was machst Du?

Nadina: Ich bin Schauspielerin und Klavierlehrerin, gebürtige Bosniakin, im Herzen Hamburgerin, sesshaft in München, koche und fotografiere leidenschaftlich, liebe herzegowinische Feigen und 99% Schokolade und bin eine crazy plant lady.

BASMA: Wie bist zu zum Thema Zero Waste gekommen?

Nadina: Vor ein paar Jahren habe ich einen Artikel über Lauren Singer gelesen, einer jungen New Yorkerin, deren in zwei Jahren produzierter Müll in ein Bügelglas passte. Zu dem Zeitpunkt hatte ich zwar schon meinen Plastikkonsum reduziert, aber dieser Lebensstil – Minimalismus gepaart mit keinen Abfall produzieren  – war genau das, was mein eigentliches Wesen widerspiegelte.


 
„It’s easy for you to reduce your waste, you have a bulk shop in your city/ you have time/ you don’t have kids/ you live in Germany/…“. It is easy for me because I want to! – Nadina
 


BASMA: Wie gut schaffst Du es, den Zero Waste Lifestyle in deinen Alltag einzubauen? Wo liegen die Herausforderungen?
Nadina: Es ist von Monat zu Monat unterschiedlich. Mal klappt es ganz gut, mal schleicht sich dann doch Müll ins Haus. Es bedarf guter Organisation, vor allem, wenn die Einkaufsmöglichkeiten nicht grade um die Ecke liegen, wie es bei uns der Fall ist. Wir sind Genossen einer solidarischen Landwirtschaftsgenossenschaft und bekommen einmal in der Woche eine Gemüse Kiste, die bis auf einen Zettel mit Infos, ein paar Haushaltsgummis und meist einer Plastiktüte (die bald abgeschafft werden, YAY!) müllfrei ist. Zusätzlich und nach Bedarf kaufe ich Obst und Gemüse im Bioladen, wo auch alles unverpackt ist, sowie Milchprodukte in Pfandflaschen. Trockene Lebensmittel kaufe ich im verpackungsfreien Laden ein, wo ich Reis, Linsen, Gewürze, Trockenobst etc. in mitgebrachte Schraubgläser und Stoffbeutel abfülle.

Neben der Küche ist das Badezimmer die größte Müll Falle. Wir benutzen Seife für den Körper und zum Haare waschen, selbstgemachtes Deo und Zahnpulver, Kokosöl wenn die Haut dann doch etwas mehr Pflege braucht und als Sonnenschutz. Zahnseide benutzen wir noch die konventionelle, da scheitert es beim Kauf jedes mal an der Organisation.

Die größte Herausforderung liegt darin, sein Umfeld dafür zu sensibilisieren, dass Zero Waste nicht nur Zero Plastik bedeutet, sondern auch Zero Recycling. Dass die ganzen „kompostierbaren“ Alternativen doch nicht kompostierbar sind und dass Papier, Alufolie und Glas große Ressourcen-Schlucker sind, deren Recycling viel Energie kostet. Wir versuchen, diese deswegen auch nicht ins Haus zu bringen. Umso stolzer bin ich auf unsere Familie und Freunde, die sich bemühen, sich unserem Lebensstil anzupassen und sogar auch etwas davon zuhause implementieren.

 

 

 
„DIY day all #organic and #zerowaste #dishsoap , #dishwasher rinse and all purpose #blackseed #balm with #beewax form my babys done in no time!“ / https://www.instagram.com/memagics/
 

BASMA: Kannst Du uns etwas über die Zero Waste Iftar Challenge erzählen? Wie ist sie entstanden, was ist das Ziel und wie läuft sie ab?
Nadina: Der Ramadan ist ein Monat, in dem wir uns von unseren materiellen Bedürfnissen distanzieren sollten, um uns auf das Wesentliche zu konzentrieren: Die Reinigung unserer Seele und unsere Rückreise zum Schöpfer. Dennoch dreht sich der Ramadan vor allem um eins: Essen. Wir beobachten alle, wie viel zu viel Essen für Iftar (Anm. d. Red.: Die Mahlzeit zum Fastenbrechen) zubereitet wird und Mengen auf dem Teller landen, die man gar nicht aufessen kann. Wenn man dann noch zu einer Massenveranstaltung geht bekommt man das Ganze in Einweggeschirr serviert. Zurück bleiben Müllberge, die natürlich nicht getrennt werden. Ich finde dieses Konsumverhalten, unseren Umgang mit der Schöpfung und dem Essen, das Allah uns schenkte und das wir eigentlich als größten Segen wahrnehmen sollten, sehr respektlos und unislamisch! Zumal wir grade in diesem Monat auch Mitgefühl für die Hungernden und Leidenden dieser Welt haben sollten. Und da im letzten Jahr die ganzen Challenges total IN waren, dachte ich, so eine Zero Waste Iftar Challenge wäre ein guter Weg, um Leute zu sensibilisieren und zum Tun anzuregen.
 

Wie es funktioniert:

 

1. IFTAR PLANEN:
Gerichte wählen, für die Zutaten verwendet werden, die man verpackungsfrei bekommen kann. Kleine Mengen einplanen und keine Angst haben: Es werden immer alle satt!
 
2. EINKAUF VORBEREITEN:
Einkaufsliste machen, Beutel, Gläser, Tupperdosen für die jeweiligen Zutaten vorbereiten.
 
3. EINKAUFEN GEHEN:
Bestenfalls im Bioladen. Qualität über Quantität! Im Bioladen bekommt man Obst und Gemüse lose. Fleisch, Käse und andere Leckereien bekommt man an der Theke direkt in die mitgebrachte Tupperdose gefüllt. Wenn man doch auf Verpacktes zurückgreifen muss, dann Glas und Papier statt Konserven, Plastik und Tetrapack wählen.
 
4. KOCHEN:
Dabei Energie sparen (z.B. indem man den Deckel benutzt), Kochwasser für mehrere Gerichte benutzen, das Gemüse nicht totschälen 🙂 das meiste kann man sowieso mit Schale essen.
 
5. IFTAR TIME!
Den Gästen kein Einweggeschirr oder Papierservierten anbieten. Echtes Geschirr und Stoffservierten sind nicht nur nachhaltiger und gesünder, sondern auch eleganter und kostengünstiger!
 
6. TEILEN!
Ein Foto von dem produzierten Müll oder seinen zu einer Null geformten Fingern machen, wenn man keinen Müll produziert hat, auf den sozialen Medien posten, den Hashtag #zerowasteiftarchallenge hinzufügen und Leute tagen die mitmachen sollen.

Es ist nicht schwer und tut nicht so weh, wie sich einen Eimer Eiswasser über den Kopf zu schütten 🙂

 
„The trash I made by cooking #iftar for 6 tonight, two rubber straps from our weekly veggies provider which I will return for them to reuse. #zerowasteiftarchallenge #ramadan2017 #meinramadan #ramadanplastikfasten2017 #zerowaste“


BASMA: Wie ist die Resonanz auf die Challenge, von Freunden, Familie oder auch online?

Nadina: Die Reaktionen waren und sind sehr positiv! Es ist einfach, Leute für sowas zu begeistern. Das Bewusstsein ist da, nur hapert es meist bei der Umsetzung. Ich hoffe, dass es heimliche Mitmacher gibt und werde weiterhin zur Zero Waste Iftar Challenge aufrufen.

BASMA: Was ist dein ultimativer Tipp für jemanden, der sich ganz neu mit dem Thema auseinandersetzt? Worauf kann man achten?

Nadina: Klein anfangen: Schon die Benutzung von Jutebeuteln statt Plastiktüten oder Trinkflaschen aus Glas oder Edelstahl statt PET Flaschen macht einen großen Unterschied. Konsequent bleiben und nach und nach weitere Sachen implementieren. Sich über Alternativen informieren. Hierzu gibt es tolle Blogs wie zB trashisfortossers.comzerowastehome.com, zerowastechef.com, paris-to-go.com, goingzerowaste.com.

Es ist wichtig, sich bei der Anschaffung neuer Sachen immer zu fragen: Brauche ich das wirklich? Besitze ich vielleicht schon etwas ähnliches? Werde ich es regelmäßig benutzen? Bringt es Freude in mein Leben und kann ich es vielleicht gebraucht kaufen? Immer nach Qualitätsprodukten gucken, die man für lange Zeit benutzen kann. Naturmaterialien wie Edelstahl, Glas, Holz, Wolle, Baumwolle, Viskose etc. bevorzugen und Plastik, Polyester und andere Kunstfasern meiden. Die goldene Regel der 5 R’s: Refuse, Reduce, Reuse, Recycle, Rot. Darüber könnte ich jetzt tagelang reden 🙂

BASMA: Und zu guter Letzt: Wie sieht dein perfektes Zero Waste Iftar aus? Was würdest Du kochen?

Nadina: Wir veranstalten jedes Jahr ein Grand Iftar für alle unsere Freunde, das bedeutet volles Haus. Letztes Jahr gab es Medjol Datteln gefüllt mit jeweils Kokoscreme, Gurken, Erdnussbutter und Schokolade mit Meersalz, Butter und Mandeln. Dann eine Suppe, Petersiliensalat mit frischen und getrockneten Tomaten und gebratenen Kichererbsen auf Humus. Dazu Ofenkartoffeln mit Thymianbutter und als Dessert einen Schoko- und einen Erdbeer-Rohkost-Mini-Kuchen. Das war schon ein Festmahl und auch wenn es Zero Waste war und ich leidenschaftliche Köchin bin, habe ich mir dieses Jahr vorgenommen, die Fancyness etwas runter zu schrauben und etwas Simples zu kochen. Mal schauen ob es klappt 🙂

 
„Only trash I made preparing all #organic #Iftar for thirteen tonight could have been better, but small steps to #zerowaste“ / https://www.instagram.com/memagics/


Danke Nadina, für dieses inspirierende Interview. Wir hoffen, diesen Ramadan noch einige Beiträge zu der Challenge zu sehen und halten für den nächsten Einkauf schon mal unsere Stofftaschen bereit.

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