greenukum – Über die Reise zur Nachhaltigkeit

Asmaa und Max Musa sind ein junges Ehepaar auf der Reise zu einem nachhaltigen Leben. Auf ihrem Blog greenukum nehmen sie uns mit und schreiben über Umweltschutz, Tierschutz, Minimalismus und Spiritualität. Im Interview haben wir mit Asmaa über die Gründe und Herausforderungen eines Nachhaltigen Lebens gesprochen.

BASMA: Du hast zusammen mit deinem Mann vor über einem Jahr euren Blog greenukum ins Leben gerufen. Was hat euch dazu bewegt?

Asmaa: Die Tatsache, dass es an muslimischen BloggerInnen mangelte, die sich mit Umweltthemen auseinandersetzen, hat uns dazu bewegt. Ehrlich gesagt sahen wir uns aber nie in der Position, selbst über solche Dinge zu bloggen. Zum einen, da wir ja selbst erst am Anfang unserer Reise zu einem nachhaltigeren Lebensstil waren. Zum anderen, da wir eigentlich so gar keine „Blogger-Typen“ sind! Doch der Wunsch nach solchen BloggerInnen, mit denen man sich identifizieren kann, die die Themen Umwelt und Spiritualität verbanden, hat dazu geführt, dass eines Tages ein Freund zu uns genervt sagte (nach dem wir ein wiederholtes Mal auf diesen Mangel verwiesen): „Dann seid ihr es doch, die den Anfang machen! Irgendjemand muss ja die Welt retten!“ Und so geschah es: Nach einer langen Überlegungsphase starteten wir greenukum ☺


„Muslim-Sein meint im eigentlichen Sinne, Frieden zu finden“


BASMA: Warum ist es besonders für Muslime wichtig, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen?

Asmaa: Da Muslime häufig bereits im Kindesalter zu hören bekommen, sie müssen sich für etwas besonders stark einsetzen und stets lebende Litfaßsäulen für das Gute auf der Welt sein sollten, entledige ich mich dem Aufruf, dass es gerade für Muslime besonders (!) wichtig ist, sich damit auseinanderzusetzen. Vielmehr ist der Auftrag, nachhaltig zu sein, einer, der an die gesamte Menschheit gerichtet ist.
Wovon ich jedoch überzeugt bin, ist, dass man – zumindest aus meinem muslimischen Selbstverständnis heraus – nicht drum herum kommt, bei diesem Thema innezuhalten und aufzuhorchen! Denn Muslim-Sein meint im eigentlichen Sinne, Frieden zu finden. Mit sich selbst, seinem Schöpfer und seiner Umgebung, demnach seinen Mitgeschöpfen. So lange wir – insbesondere wir im globalen Norden lebende Menschen – uns der Natur so ausbeuterisch zuwenden, werden wir jedoch lediglich für Ungerechtigkeit, Ausbeutung und Armut auf der Welt sorgen; demnach alles, nur nicht für Frieden. Folglich liegt es im je eigenen muslimischen Selbstverständnis, zu entscheiden, für wie wichtig man diese Form des Friedens mit sich selbst und seiner Umgebung empfindet.

BASMA: Wie habt ihr das Thema Nachhaltigkeit für euch entdeckt?

Asmaa: Wir hatten unterschiedliche Zugänge: Max Musa wuchs in einem vegetarischen Haushalt auf, in dem das Thema Tierleid und Umweltschutz von klein auf Bedeutung hatte. Seine Tätigkeit bei Alnatura und seine spätere Konvertierung zum Islam führten dazu, dass er sich noch intensiver damit auseinandersetzte, wie man als Sachwalter (khalifa) auf Erden, dazu beitragen kann, ein gelungenes Leben für alle – Menschen wie auch nicht-Menschen – zu fördern. Bei mir entstand dieses Interesse aus einer sehr frühen Naturverbundenheit und Tierliebe heraus. Seit meiner vor einigen Jahren begonnenen Doktorarbeit zu Umwelt- und Tierethik im Islam, sah ich die Notwendigkeit noch stärker, mich hiermit auseinanderzusetzen.

BASMA: Wo findet ihr eure Inspiration?

Asmaa: Eine wesentliche Inspiration sind, neben den ethischen Implikationen aus dem Koran und der Sunna, die vielen deutschsprachigen Muslime, die Großes im Rahmen ihrer Möglichkeiten leisten: Seien es Vereine wie Hima oder Nourenergy, Einzelpersonen die so bemüht sind plastikfrei (zerowaste) zu leben wie Nadina MeMagic, seien es aber auch Startup- Unternehmen, die u.a. auch aus muslimischen Selbstverständnis – zu einem fairen und nachhaltigen Wirtschaften auffordern: So seien beispielsweise die nachhaltigen Schals von almarascarves, die Bio-Bettwäsche von nindyya oder die wunderschöne Abaya von zamzamzalila genannt. Sie alle sind Beweise: Wo ein Wille ist, ist ein Weg! Und zugleich: Qualität anstatt Quantität ist am Ende ein Gewinn für alle!

BASMA: Wie gut schafft ihr es, auch im Alltag grüner zu leben? Wo stecken die Herausforderungen?

Asmaa: Begonnen haben wir mit kleinen, regelmäßigen Schritten: Fleischfreie Tage, weniger Autofahren, regionaler einkaufen, nachhaltiger einkleiden, weniger Plastikverbrauch. Nach wenigen Monaten stellten wir dann fest, wie wir unser Verhalten geschult hatten. Wir hatten unseren Blick sensibilisiert, lebten bewusster und minimalistischer. Wir kauften weniger ein. Entschieden uns für Qualität, anstatt von Quantität. Stellten vor allem Kosmetikprodukte selbst her, kauften und verkauften auch Secondhand.
Die Herausforderung besteht bei all dem darin, dass wir beruflich sehr häufig verreisen müssen. Hierzu greift man dann doch mal der Bequemlichkeit halber auf Fastfood, was zu Unmengen an Plastik führt oder greift auch mal auf das Auto zurück. Diese Herausforderungen gehören jedoch dazu und sollten niemals dazu führen, dass man resigniert oder sich gar vom schlechten Gewissen plagen lässt. Das entscheidende bei der Sache ist, dass man sich überhaupt bewusst macht, was womöglich „besser“ ist. Alles andere entwickelt sich von selbst.

BASMA: Wie ist das Feedback zu der Kombination von Islam und Nachhaltigkeit? Was sagt die muslimische Community dazu und wie reagieren Nichtmuslime darauf?

Asmaa: Bisher haben wir nahezu ausschließlich positives Feedback bekommen, das uns dazu motiviert, weiter an unserem Blog zu arbeiten und neue Projekte zu starten. Insbesondere Muslime fühlen sich gerade durch kleinere Handlungstipps auf unserem Blog motiviert, diese umzusetzen, da sie „machbar“ erscheinen. Doch auch Nichtmuslime reagieren durchaus positiv – so gestalten wir unseren Blog bewusst so, dass auch Nichtmuslime – hoffentlich – Lust bekommen, unserer Reise zu einem nachhaltigeren Leben zu folgen; uns dabei demnach nicht ausschließlich als „die muslimischen Bloggerinnen“ wahrzunehmen, sondern eben auch als Asmaa und Max Musa, die bemüht sind, ihre kleine Welt zu retten!

BASMA: Was ist euer Einsteiger-Tipp für alle, die sich ganz neu mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen?

Asmaa: Der erste Tipp: Sein tägliches Verhalten überprüfen. Überlegen, in welchen Bereichen man selbst weiß, dass man nicht ganz den Mittelweg einschlägt, der koranisch gewollt ist: Zu viel Konsum – seien es Kleidung oder Elektrodinge? Oder gar tierische Produkte? Für zu kurze Strecken den Flieger wählen? Oder das Auto? Sich für die in Plastik verpackten Äpfel entscheiden? Oder gar für die vierte blaue Jeans für 19,-? Hier bedarf es Selbstreflexion und vor allem die Erkenntnis, dass wir als Konsumenten Einfluss darauf haben, welche Welt wir haben!
Der zweite, konkrete Tipp: Weniger tierische Produkte, besonders Fleisch! Der Klimakiller auf Platz 1 ist eben das! Nicht nur verursachen wir massenhaft Tierleid, wir zerstören – bislang 70 % – des Regenwaldes. Sind verantwortlich für Hungersnot, da wir Landflächen zwecks Anbau des Futters der Masttiere verwenden. Verbrauchen dabei massenhaft Trinkwasser, verursachen Unmengen an Kohlendioxid und so weiter. Unter’m Strich schaden wir hierdurch uns und der Welt als Ganzes enorm. Die Devise demnach: Auch mal auf Fleisch verzichten!


„Muslime, die nachhaltig leben, sind keine grünen Muslime“


BASMA: Und zu guter Letzt: Wenn ihr an die muslimische Community in Deutschland denkt, was ist euer Wunsch, was möchtet ihr bewirken?

Asmaa: Sensibilisieren! Sensibilisieren insofern, als dass wir als muslimische Community präsenter werden, wenn es um das Thema Ungerechtigkeit geht. Seien es soziale Strukturen, seien es ökologische Aspekte! Es geht darum, dass wir den Auftrag, gerecht und nachhaltig zu leben, als Selbstverständnis unseres Muslimseins verstehen. Muslime, die nachhaltig leben, sind daher auch keine grünen Muslime, wie auch wir häufig bezeichnet werden. Denn Muslimsein selbst bedeutet doch Hingabe in den Willen Gottes, der uns wiederum als Sachwalter auf Erden mit der Aufgabe betraute, absolute Verantwortung für alles aufzubringen, und dabei gerecht vorzugehen; den Weg der Mitte wählend, in dem ich weder über- noch untertreibe. Diesen Weg zu gehen bedeutet, bestmöglich niemanden zu schaden, in Frieden mit mir, meinem Schöpfer und der Schöpfung zu leben. Ganz im Sinne einer Religion, die den Frieden in ihrer Selbstbezeichnung trägt!

BASMA: Vielen Dank für das Interview, wir freuen uns darauf, euch weiterhin auf eurer Reise zu begleiten!

Wenn ihr die Reise von Asmaa und Musa ebenfalls weiter verfolgen wollt, lest ihren Blog oder folgt ihnen auf Instagram.[:]

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