Detox für die Seele

Ein Nachruf auf meinen Ramadan 2015

Kennst du diesen Moment, wenn du morgens schlaftrunken mit starrem Blick auf deiner Bettkante sitzt und nicht aufstehen kannst? Allein der Gedanke an all die Aufgaben, Termine und Verpflichtungen lähmt dich und du würdest dich am liebsten wieder unter deiner Decke verkriechen. So und nicht anders fühle ich mich jedes Jahr. Jedes. Und dann kommt Ramadan.  

Manchmal ist das Tosen um mich herum so laut, dass ich es fast mit Händen greifen kann. Hier ein Abgabetermin, dort ein Arztbesuch, zwischendurch noch schnell auf einen Kaffee mit der besten Freundin treffen und ja nicht meinen Sohn vergessen, der auch gerne auf den Spielplatz will. Oder zur Oma. Oder einfach etwas Warmes zu essen. Ich habe das Gefühl je älter ich werde, desto mehr halse ich mir auf. „Ich übernehm das schon!“ ist quasi zu einem Lebensmotto von mir geworden. Als ich vor 2 Jahren um diese Zeit herum erfuhr, dass ich schwanger war, stand sofort fest: ein Kind hält dich nicht von deinen Projekten ab. Und seitdem häufen sie sich, die Bettkanten-Momente.

In diesem Jahr habe ich mich zum allerersten Mal ganz besonders auf Ramadan gefreut. Vielleicht auch, weil ich im letzten Jahr nach der Geburt meines ersten Sohnes nicht viel davon hatte. Viel eher aber, weil ich in den vergangenen hektischen Jahren zwischen alles abverlangenden Jobs, Familiengründung und unzähligen parallel laufenden Projekten eines gelernt habe: wirklich bei dir selbst bist du erst, wenn du alles Weltliche hinter dir lässt und die Verbindung zu deinem Schöpfer suchst.

Es ist erst wenige Monate her, da saß ich nachts fernab jeglicher Menschen und Termine auf meinem Gebetsteppich auf einer Terrasse im Süden Marokkos. Es war dunkel und alles, was ich hören konnte war Meeresrauschen – und meine eigenen Gedanken. So saß ich ganz still, schaute in den Nachthimmel voll heller Sterne und atmete tief durch. Und als auch der letzte Gedanke verflogen war, da spürte ich eine unendliche Dankbarkeit, so tief in mir, dass mir die Tränen kamen und ich nichts anderes flüstern konnte als „Allahu akbar“. So überwältigend war dieser Moment der Klarheit, das ich noch heute, Wochen später, davon zehre.

Und genau das bedeutet Ramadan nun für mich. Abschalten, loslassen. Detox für meine Seele. Ich habe in diesem Ramadan trotz Krabbelkind und Projekten an denen mein Herz hängt die Muse und die Ruhe gefunden, um meinen Schöpfer besser kennen zu lernen und sein Wort und seine Botschaft besser zu verstehen. Ich habe Weltliches minimiert und mein Fasten meinem Herrn gewidmet, um aus der Ruhe im Herzen und der Kraft, die mir diese 30 Tage geben, weitere 11 Monate zehren zu können.

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