Ganz egal, wie man sie nennt: Vorbilder, Inspirationen, Idole, Helden, Vorreiter… Einige davon sind bekannte Menschen oder Personen des öffentlichen Lebens, wie sie gerne in sozialen Netzwerken heißen. Andere wiederum sind nicht berühmt oder bekannt, haben keine Reichweite im Internet. Doch Sie sind ganz nah. Man muss nur hinsehen.
Es sind Menschen, die etwas bewegt haben, die die Welt um sich herum verändert haben. Es sind diejenigen, von denen wir lernen können die schwierigen Zeiten unseres Lebens zu meistern. Sie machen uns Mut und schenken uns die nötige Energie, wenn wir sie brauchen. Dazu müssen wir sie nicht einmal persönlich kennen. Es reicht schon, von jemandem zu hören, der jemanden kennt, der ihm erzählt hat, dass…
Seit die ersten aus dem Krieg in der syrischen Heimat geflüchteten Menschen in die Nachbarschaft unserer bescheidenen Kleinstadt gezogen sind, wurde mir nach und nach klar, wie viele von ihnen zu diesen inspirierenden Persönlichkeiten gehören.
Sie werden gerne „Flüchtlinge“ genannt. Nicht nur weil sie es (für eine Phase ihres Lebens) sind, sondern, weil man sie nicht anders kennt. Eigentlich kennt man sie gar nicht. Was glauben wir über diese Menschen, die in letzter Zeit zu uns nach Deutschland gekommen sind, zu wissen? Den meisten würde jetzt einfallen: Sie haben kein richtiges Zuhause, keine Kleidung, bekommen Geld vom Staat, benötigen unsere Hilfe…
Stimmt vielleicht alles. Aber sie waren nicht schon immer die Bedürftigen oder Geflüchteten und Vertriebenen dieser Welt. Diese Situation ist auch für sie neu.
Ich durfte bisher viele dieser Familien kennenlernen. Den meisten ist ihre momentane Situation sehr unangenehm. Verständlich, wenn man in der Heimat alles hatte. Den Traumberuf, das Familienhaus, den Studienplatz oder das eigene Unternehmen. Durch den Krieg haben sie alles verloren und sind jetzt hier. Hier, aber noch nicht angekommen.
Mich inspirieren vor allem die Frauen der geflüchteten Familien. Als Frau hat man es ohnehin nicht leicht. Nicht in allen Hinsichten, aber in vielen. Hinzu kommt, dass man sich nun in einem fremden Land befindet. Ein Land in dem die Lage einem manchmal perspektivlos erscheint. Viele Proteste, die deutlich machen, dass sie hier zum Teil ungewollt sind. Auch allgemein bedarf es keinerlei Sprachkenntnisse, um die Abneigung von manchen Mitmenschen zu spüren.
Aber wie schaffen sie es trotzdem zu lächeln? Sie haben doch den Krieg erlebt. Sie waren monatelang auf der Flucht, haben Freunde und Familienangehörige verloren und sind in eine Gesellschaft gekommen, die sie nicht immer Willkommen heißt. Wie war ihr erster Eindruck von Deutschland? Wie erleben sie Deutschland im Alltag. Wie fühlt es sich an, neu anfangen zu müssen? In einem fremden Land, unter fremden Menschen, in einer fremden Kultur. Wo sehen sie ihre Rolle in unserer Gesellschaft? Und viel wichtiger: wo sehen sie sich in dieser in zehn Jahren?
Ich bin neugierig, möchte mehr über unsere neuen Mitmenschen wissen.
Mich interessiert die Geschichte jeder Einzelnen. Als junge Frau. Als Tochter, Schwester, Freundin, Heldin!
Bild: (c) Selma Lebdiri