Diversität, die Vielfalt und Verschiedenheit in unseren Schulen wird zunehmend relevant. Vor allem in großstädtischen Schulen stehen Lehrkräfte vor Klassen, in denen Kinder mit verschiedenen Sprachen, kulturellen Herkünften und Religionen sind. Wie wird mit dieser Vielfalt umgegangen?
Verschiedene Studien, von denen die bekanntesten die PISA Studien sind, zeigen, dass die soziale Herkunft und der schulische Erfolg in enger Verbindungen miteinander stehen. Neben PISA gibt es weitere Schulleistungsstudien (z.B. LAU, TIMMS, IGLU), die diese soziale Ungerechtigkeit bestätigen. Betroffen sind Schülerinnen und Schüler aus bildungsfernen Familien und Familien mit Migrationshintergrund. Simpel ausgedrückt heißt das, dass Kinder aus bildungsnahen, gebildeten und vor allem finanziell starken Elternhäusern einen Vorteil im vorhanden Schulsystem genießen. Und dass Akademikerkinder meist Akademiker und Arbeiterkinder ebenfalls Arbeiter werden. Wieso sind Kinder nur aufgrund ihrer sozialen oder auch kulturellen Herkunft benachteiligt? Sollte die Schule nicht ein Ort sein, an dem soziale Ungleichheiten ausgeglichen und Erfolgschancen für alle Kinder im gleichem Maße gegeben sind?
Es gibt viele verschiedene Ursachen für die soziale Ungleichheit von Bildungschancen. Die vier wichtigsten Ursachen sind der Lebensstil, der psychologische Erwartungseffekt, zu wenig Mischung der Schülerschaft und die Lehrereinstellung.
Die soziale Position der Eltern hat einen großen Einfluss auf den Lebensstil des Kindes. Die soziale Position prägt zudem, welche Kapitalausstattung einer Familie zur Verfügung steht. Mit Kapital sind alle kulturellen, sozialen und symbolischen Mittel gemeint, die einer Familie zu Verfügung stehen und die eine Familie seinem Kind weitergibt. Darunter versteht man Bücher, Werte, Gewohnheiten, soziale Kontakte, Wissen, Sprachkultur, Lern- und Bildungsmotivation. Je mehr Kapitel, desto mehr Handlungsmöglichkeiten. Dies alles prägt die Kinder und ihre Entwicklung.
Ein weiterer Einfluss auf den Schulerfolg ist der psychologische Erwartungseffekt. Kinder, die aus „höheren Sozialschichten“ kommen, wollen ihre gesellschaftliche Stellung beibehalten. Zudem kommt der Druck des Umfelds dazu, das eine bestimmte Erwartungshaltung gegenüber dem Kind aufbringt. Erfolg wird als selbstverständlich angesehen. Andererseits wird bestimmten Kindern weniger zugetraut, bzw. die Kinder haben selbst eine niedrigere Erwartungshaltung, was ihren eigenen Bildungserfolg angeht.
Das Bildungssystem trägt seinen Teil zum Aufbau sozialer Ungleichheiten bei. Sitzenbleiben, Sonderschulüberweisungen, das Einsortieren der Kinder am Ende der Grundschulzeit. Das deutsche Schulsystem war jahrelang eines, das nach einem ständigen Homogenitätsideal strebt. Besser gesagt: Die Kinder in der Lerngruppe sollen alle auf dem gleichen Wissensstand sein und alle gleich „intelligent“ sein. Egal, wie sehr man sortiert oder selektiert. Die homogene Lerngruppe gibt es nicht. Alter, Geschlecht, Herkunft, Charakter und Lerntyp werden immer variieren. Gemischte Lerngruppen bergen viele Vorteile in sich. Dieses Sortieren der Kinder ist jedoch ein großer Faktor dafür, dass Kinder aus sozial schwachen Familien auf ihrem Bildungsweg auf der Strecke bleiben. Leider entscheidet auch das Wohngebiet darüber, wie die Schülerschaft zusammengesetzt ist. Dies hat den Effekt, dass eine Mischung größtenteils nicht gegeben ist, da die soziale Mischung in Wohngebieten zu gering ist.
Die Einstellung der Lehrer kann Bildungsungleichheiten reduzieren oder auch verstärken. Tragische Folgen haben Lehrerentscheidungen für Kinder mit niedrigem sozioökonomischem Hintergrund, wenn bei Lehrkräften eine Ignoranz gegenüber dem Phänomen sozialer Ungleichheit herrscht. Aus solchen Gründen entsteht Ungerechtigkeit im Schulwesen, die nicht durch Leistungsdifferenzen entstehen, sondern allein aus einer negativen Einstellung von Lehrpersonen. Nicht die Leistung des Kindes zählt, sondern die Einstellung des Lehrers gegenüber dem Kind. Kinder bestimmter sozialen Gruppen, vor allem muslimische Kinder und /oder Migrantenkinder werden trotz erbrachter Leistungen schlechter bewertet als gleich leistungsstarker Kinder anderer sozialer Gruppen!
Einem Bericht des BIM (Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung) kann man entnehmen, dass Lehrerinnen und Lehrer insgesamt liberaler als die Gesamtbevölkerung sind. Trotz dessen herrschen, so die Ergebnisse, unter Lehrkräften Vorurteile gegenüber muslimischen Kindern, sowie türkischen und arabischen Familien. Aufgrund dieser negativen Stereotypen und einer verzerrten Erwartungshaltung entsteht Benachteiligung im Klassenraum. Die Erwartung und Einstellung des Lehrers gegenüber den Schülern hat nämlich einen großen Effekt auf den Lernerfolg. Als Mutter eines bald schulfähigen Kindes und als Lehrerin bedauere ich diese Zustände. Ich weiß, dass eine Vielzahl meiner Kollegen offene Pädagogen mit gutem Willen sind. Unsere Stereotypen und Erwartungen lenken uns jedoch, oft unbewusst. Wir müssen gemeinsamen jedem Kind, egal aus welcher Schicht, gleich viel zutrauen und alle Kinder in ihrem Selbstbewusstsein und ihren Kompetenzen stärken.
Die Diversität in unserer Gesellschaft ist ein Reichtum und sollte von jedem und überall so aufgefasst werden.