BASMA im Gespräch mit Chefredakteurin Hasania

Als Pionierin ist Hasania seit vielen Jahren in der Modest Fashion-Szene unterwegs. Als Gründerin von dem ersten Modest Fashion Markenshop Nisma in Europa oder als Gründerin und Chefredakteurin des ersten Lifestyle-Magazins für muslimische Frauen in Deutschland, trifft Hasania den Zeitgeist der muslimischen Frau und ermutigt Frauen sich aus der Komfortszene zu locken. Wir sprechen mit der Kulturwandlerin über Nisma, die Herausforderungen in der Modest Fashion Szene und natürlich über BASMA.

BASMA: Ich muss zugeben, dass ist ein sehr surreales Interview (lacht).

Hasania: (lacht) Das ergeht mir nicht anders. 

BASMA: Erzähle deinen Leserinnen etwas über dich. 

Hasania: Ich bin ein diskreter Mensch, was mein Privatleben anbelangt. Ich bin 31 Jahre alt. Meine Eltern sind aus Marokko und ich bin mit acht Geschwistern groß geworden. Das war’s (lacht). 

BASMA: Wenn wir etwas zurückblicken auf deinen Karriereweg, dann ist Nisma ein sehr spannender Punkt. Mit Nisma warst du Vorreiterin in Europa gewesen. 

Hasania: Latifa, du hast ja gut über die Vergangenheit recherchiert (lacht). Mitarbeiterin des Jahres. 

BASMA: Das werde ich als Beweis veröffentlichen (lacht). 

Hasania: Ich habe sonntags politische Debatten mit meiner Schwester geführt, da ich da sehr schlecht einschlafen konnte. Wir teilten uns damals ein Zimmer und ich ärgerte mich über den Mangel an hijabkonformer Kleidung. Ich sagte zu ihr: „Wir brauchen ein Markenshop für Hijabträgerinnen!“ Mode, die auch auf qualitativer Ebene etwas für uns ist. Selbst, wenn man sich ein Maxikleid kaufte, musste man ein Body drunter anziehen, was mich genervt hat. Ich wollte Modest Fashion nach Deutschland bringen, sodass die modebewusste, muslimische Frau sich entsprechend kleiden kann. Es gibt viele Mädels, die von heute auf morgen ein Kopftuch tragen und einen gewissen Kleidungsstil hatten, was auch Teil ihrer Persönlichkeit ist, auf den Hijab zu übertragen – besonders damals.
Umso wichtiger war es mir diese Kleidung nach Deutschland zu bringen, so kam es, dass ich parallel zu meinem Studium Nisma gründete. Ich hatte ein kleines Budget – ich studierte ja nebenbei und wollte von niemandem Geld annehmen. Ich habe mit mit einem kleinen Betrag angefangen und habe das Maximale rausgeholt. Ich habe mit zwei oder drei Kleidungsstücken angefangen. Dann habe ich November 2013 den Onlineshop eröffnet mit den großen Marken wie Inayah und Anna Hariri, wofür ich sehr dankbar bin, dass so große Marken mir vertraut haben. Ich habe dann Ende 2016 entschieden eine Pause einzulegen und 2017 dann Nisma zu schließen. Hierfür gab es mehrere Gründe, die ich vielleicht in einem anderen Interview teilen werde, da sie sehr persönlich sind.
Als ich Nisma noch am Laufen hatte, gründete ich BASMA. Durch meine Arbeit konnte ich viele Kontakte knüpfen. Es war schon immer ein Wunsch von mir ein Magazin zu gründen, weil ich ein Sprachrohr schaffen wollte, das mit uns spricht und nicht über uns und wir eine Plattform für die interessanten und inspirierenden Persönlichkeiten da draußen sind, die etwas bewegen oder nachhaltig die Gesellschaft prägen und verändern. Es sollte eine Plattform werden, in der Menschen sich nicht für ihren Hintergrund oder ihrem Kopftuch oder Religion rechtfertigen müssen. Ihr Projekt, ihre Geschichte und ihr Handeln sollen im Vordergrund stehen. Ich muss mich nicht für mein Kopftuch rechtfertigen. Es hat niemanden zu interessieren, wieso, weshalb, warum. Das Problem hatten wir mit Mainstream-Interviewpartnern. Außerdem will ich die Frau aus ihrer Komfortzone locken. So viele begabte Frauen, stehen noch hinter der Behauptung, dass man mit dem Kopftuch kaum Chancen in Deutschland oder allgemein in Europa hätte. Mithilfe von verschiedenen inspirierenden Frauen möchte ich zeigen, dass es doch möglich ist. Wir möchten eine Quelle der Inspiration und Motivation sein.
Wenn wir zeigen, dass da eine Working Mom ist, die Kopftuch trägt, Kindererziehung und Job jongliert und noch ein Projekt am Laufen hat, zeigt es eine andere Realität, die vielleicht die ein oder andere inspiriert. Gleichzeitig wollen wir unsere Welt einladen. Wir sind ein Fenster, in der man einen Einblick in die Welt der muslimischen Frau bekommt, um zu zeigen, dass wir dieselben Interessen haben wie andere haben, nur dass wir fünfmal am Tag beten und ein Kopftuch tragen. Aber sonst? Wir gehen gerne shoppen, wir kleiden uns gut, wir lieben Beauty und machen Karriere. Und genau das wollen wir widerspiegeln. 

BASMA: Was ja mega spannend ist, ist, dass du mit Nisma und BASMA zwei Lücken in Europa gefunden hast, die es vorher so nicht gab, obwohl es Bedarf gegeben hat. Bei Nisma hast du Kundinnen gehabt, die auf der Suche nach qualitativer Modest Fashion Kleidung waren und bei BASMA hast du Leserinnen, die immer wieder das Feedback geben, dass sie die Vielfältigkeit an dem Magazin lieben und sich endlich repräsentiert fühlen. Du hast mit beiden Projekten sehr viel Mut bewiesen. Immer, wenn sich die Dinge etabliert haben, sieht es einfach aus. Dabei müssten besonders die Anfänge sehr herausfordernd gewesen sein. 

Hasania: Oh, gar nicht. Die Anfangszeiten waren mega schwierig gewesen. Vor allem habe ich ja nebenbei noch studiert. Die Zeiten waren sehr schwierig. Besonders, als Nisma und BASMA parallel existierten. Oft habe ich mir die Frage gestellt: „Warum mach ich das eigentlich?“ (lacht). Jeder, der sagt, das sei einfach, der lügt. Vor allem, wenn man unabhängig bleiben möchte und kein Fremdkapital annehmen möchte. Die ersten 1,5 Jahre war ich ja eine One-Person-Company. Das Einlagern, verpacken, die Buchhaltung, die Investoren, Einkaufsverhandlungen, das Marketing, die Verträge – das habe ich alles selbst gemacht. Da habe ich manchmal auch nicht geschlafen (lacht). 

BASMA: Das war bestimmt kräftezerrend.

Hasania: Elhamdulillah, ich bin so dankbar für diese Zeit. Ich habe so viel lernen können, die ich während des Studiums nicht gelernt hätte. Meine Persönlichkeit hat sich sehr weiterentwickelt. Wie ich Dinge sehe, wie ich Dinge angehe – das merke ich an BASMA. Ich treffe Entscheidungen ganz anders, weil ich von der Zeit von Nisma sehr viel lernen konnte. Aber den Tipp, den ich weitergeben würde, ist, dass man sich einen Partner mit ins Boot holt. Macht das nicht alleine! Habt einen Partner, der das mit euch aufzieht und euch ergänzt! Dieser sollte nicht dieselben Fähigkeiten wie ihr haben, sondern genau die Fähigkeiten, die ihr nicht habt. 

BASMA: Bevor ich mich bei BASMA beworben habe, konnte ich nicht glauben, dass es ein Online-Magazin für die muslimische Frau gibt, das so viele Themenbereiche in hoher Qualität abdeckt. Das bedarf einerseits eine Chefredakteurin, die offen an verschiedene Themen herangeht, aber auch Redakteurinnen, die daran motiviert arbeiten. Was ist dir denn – vor allem in der Anfangszeit – wichtig bei der Auswahl der Redakteurinnen gewesen? 

Hasania: BASMA war ja erstmal nur eine Idee in meinem Kopf. Durch die Weiterentwicklung von Nisma und BASMA kam es dazu, dass ich noch zwei, drei weitere Redakteurinnen gefunden habe, die meiner Meinung nach ideal passen würden. BASMA sollte ein eigenständiges Projekt sein, das nichts mit Nisma zu tun hat. Die ersten Redakteurinnen kannte ich bereits und diese konnten den Hauptbereich von BASMA abdecken. Aber ich wollte noch mehr Themen abdecken. Ich war sehr lange auf der Suche nach gelungenen Redakteurinnen. Wir haben Recherchen betrieben und auch Anzeigen geschaltet. Mir ist es wichtig, dass wir hier nicht in die Fanbase rutschen, sondern beispielsweise kritische Interviews führen oder Events auch kritisch hinterfragen. Da brauchen wir Menschen, die einen kritischen Blick haben, auch kritisch mir gegenüber sind; die was bewegen möchten.
Als Chefredakteurin ist es mir sehr, sehr wichtig, dass ich Menschen um mich herum habe, die mich auf meine Fehler hinweisen. Ich bin ja schließlich nicht fehlerfrei. Der kritische Blick und die kritische Stimme sind Priorität. Außerdem ist Eigeninitiative ein Muss! Keiner hat Zeit jemandem hinterherzurennen. Wer bei uns als Redakteurin arbeitet, wird das Gefühl haben, man arbeitet selbstständig. Wir haben BASMA-Guidelines, nach denen wir arbeiten müssen und in diesem Rahmen können wir uns absolut frei bewegen. Daher ist Selbstorganisation und Kreativität essenziell, weil man sonst untergeht. Wir wollen außerdem keine Meinung bilden, sondern anregen, darüber kritisch zu reflektieren und sich dann eigene Meinung bilden. Ich sage immer, startet mit dem, was ihr habt, genau da, wo ihr seid. Startet da, wo ihr seid! 

Der kritische blick und die kritische stimme sind priorität

BASMA: Welches Know-how benötigt man, um so ein Projekt wie BASMA zu starten? Um sich durchzusetzen? 

Hasania: Es ist sehr wichtig, dass man sich regelmäßig weiterbildet. Du musst wissen, was da draußen passiert und kannst und solltest nicht ignorieren, was in der Gesellschaft passiert. Aufmerksamkeit ist mega wichtig! Sensibel gegenüber dem Umfeld. Menschen sind so unterschiedlich, Latifa. Das ultimative Know-how ist Aufmerksamkeit. Man darf nicht schlafen (lacht). Du musst deiner Verantwortung bewusst sein. Ich kann das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das bringt mir jeden Tag Kopf- und Bauchschmerzen. Du formst ja eine Wahrnehmung und beeinflusst Menschen. Du brauchst immer am Anfang eine Intention. Warum machst du das? Was ist dein Ziel? Das gilt nicht nur für mich und meinen Redakteurinnen, sondern alle, die irgendwas beginnen. Das ist extrem wichtig. 

BASMA: Was inspiriert dich bei BASMA? 

Hasania: Da gibt es viele Dinge. Allein, wenn ich auf Instagram etwas sehe, bin ich inspiriert und schreibe dem Team „Hey, lasst uns dazu eine Kampagne starten oder etwas darüber schreiben!“ Wenn ich in der Natur bin und eine Biene sehe, bin ich inspiriert, wie sie arbeitet. Es gibt so viele Inspirationsquellen. Ich kann keine einzelne benennen. Wenn man aufmerksam durch die Welt schreitet und eine Umwelt im positiven Sinne betrachtet und analysiert, wird man ständig von neuen Ideen und Inspirationen überwältigt. 

BASMA:  Wo tankst du deine Energie? 

Hasania: Ich verbringe sehr viel Zeit mit meiner Familie. Das ist die Zeit, wo ich mich erhole, runterkomme und mit meinen Neffen und Nichten spiele. Ich versuche Entspannung im Alltag einzubauen. Aber um ehrlich zu sein, ist mein Herz ein reisendes Herz. Aber durch die Vielzahl an Projekten war das nicht möglich. Man muss sich die Zeit für sich selbst nehmen. Daran arbeite ich aktuell. Nobody is perfect. 

BASMA: Wo willst du BASMA hinbringen? Was sind deine Ziele? 

Hasania: Ich kann natürlich nicht alles verraten (lacht)! 

BASMA: Natürlich nicht! 

Hasania: Dieses Jahr wird etwas Megagroßes kommen, worauf sich unsere Leserinnen freuen können! Eine Lücke, die wir inschallah schließen werden! Ich hoffe, dass alles gut verlaufen wird! Außerdem wird es noch eine Printausgabe geben und diverse BASMA-Workshops, auf die ich mich sehr freue. BASMA Magazine soll die Nummer eins für die muslimische Frau werden. Ein Ort voller Inspirationen und es soll in jedem Wohnzimmer auf dem Couchtisch liegen. Das ist meine Vision, inschallah. 

BASMA Magazine soll die Nummer eins für die muslimische Frau werden. Ein Ort voller Inspirationen und es soll in jedem Wohnzimmer auf dem Couchtisch liegen. Das ist meine Vision, inschallah

BASMA: Sehr schön! Das hört sich sehr spannend an! Gibt es etwas, was du deinen Leserinnen noch mitteilen möchtest? 

Hasania: Erst einmal möchte ich mich bei meinen Leserinnen bedanken, die sich die Zeit nehmen und unsere Artikel durchlesen, Feedback hinterlassen und auch mitdiskutieren. Ich hoffe aus dem tiefsten Herzen, dass euch der Content auf BASMA motiviert, inspiriert und bereichert. Ich hoffe, dass wir das Bild der muslimischen Frau nicht nur anpassen, sondern es auch realitätsnah wiedergeben! 

BASMA: Vielen Dank Hasania für deine Zeit! 

Comments

comments