Täglich treffen wir Entscheidungen, einige gute und einige weniger gute. Die Letzteren geben häufig Grund zur Reue. Was dieses unangenehme Gefühl der Reue besonders interessant macht, ist, dass es unmittelbar mit der Lösung zusammenhängt.

Falsche Entscheidungen können zur Reue, aber auch zu vielen anderen Gefühlen, wie Enttäuschung oder Ärger führen. Diese anderen Gefühle jedoch empfinden wir nicht nur, wenn wir falsche Entscheidungen treffen, sondern auch in Situationen, die außerhalb unserer Handlungsmöglichkeiten liegen. Reue aber entsteht nur, wenn es eine falsche Entscheidung unsererseits gab. Nehmen wir an, du gehst spazieren und es fängt zu regnen an. Du ärgerst dich über das Wetter, bist enttäuscht von der Situation oder von deinem ungeplanten Verhalten. Aber du bereust nicht den Regen, sondern deine eigene Entscheidung, keinen Regenschirm mitgenommen zu haben oder aber trotz Regenvorhersage spazieren gegangen zu sein.

Reue entsteht durch den Gedanken: „Hätte ich mich in der Vergangenheit anders entschieden, dann wäre ich jetzt glücklicher.“ Dieser Gedanke hat zwei wichtige Voraussetzungen: Das Treffen einer Entscheidung und dann auch das Vorstellungsvermögen, welches es ermöglicht, uns einen anderen (glücklicheren) Ausgang der Situation vorzustellen. Das sehr banale Beispiel vom Spaziergang im Regen wird uns wohl kaum um den Schlaf bringen. Aber andere Dinge, wie jemandem nie seine Gefühle gestanden zu haben, können uns ein Leben lang verfolgen.

Im Buch „5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen“ zählt die Privatpflegerin und Autorin Bronnie Ware Folgendes auf:

  1. „Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben.“
  2. „Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet.“
  3. „Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken.“
  4. „Ich wünschte, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden aufrechterhalten.“
  5. „Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein.“

„Man bereut Dinge, die man nicht getan hat mehr, als die Dinge, die man getan hat.“ – stimmt das?

Ein unbeschwertes Leben ist wohl kaum möglich, wenn man auch nur von einem der oben genannten Dinge verfolgt wir. Beim genauen Durchblicken merkt man, dass sich die obigen Aussagen eher auf Dinge beziehen, die man nicht getan hat, als auf Dinge, die man getan hat. Die Psychologen Shai Davidai und Thomas Gilovich beleuchten in ihrer Forschung warum: Weil Taten, die man bereut, auch zu Scham oder Schuld führen. Diese Gefühle werden relativ schnell verarbeitet, indem man sich z.B. entschuldigt oder versucht die Handlung anders zu korrigieren.

Im Gegensatz dazu führen versäumte Handlungen, wie das Fernbleiben vom Vorstellungsgespräch zum Traumjob, eher zu Gefühlen der Trauer und Enttäuschung. Diese versucht man häufiger zu unterdrücken und man vertröstet sich oft damit, dass man es das nächste Mal anders angeht oder dass es überhaupt ein nächstes Mal geben wird. Leider kommen versäumte Chancen nicht immer wieder und wir verbleiben mit den Gefühlen dazu. Außerdem haben versäumte Chancen auch mit dem Fernbleiben vom idealen Selbst zu tun.

Was kann man tun, um nicht in Reue zu versinken?

  1. Versuche die großen Dinge im Leben nicht zu bereuen. Wenn sich dir Möglichkeiten im Leben offenbaren, schaue sie dir an und werde dir bewusst, dass du eine Wahl hast. Stelle dir mögliche Szenarien vor und überlege, welche du am ehesten bereuen würdest – und vermeide sie.

  2. Auch das Teilen deiner Reuegefühle kann dir helfen, dich zu entlasten. In Gesprächen mit anderen wird dir auffallen, dass jeder mal Dinge (nicht) getan hat, die er bereut. Das kann dir dabei helfen, Verständnis für dein vergangenes Ich zu entwickeln. Aber auch dabei einfach über die eigenen Entscheidungen zu lachen, anstatt sie zu unterdrücken. Wie sagt man so schön? Lachen ist die beste Medizin.

  3. Noch ein altes Sprichwort: „Fragen kostet nichts“. Es gibt viele kleine Dinge, die unser Leben einfacher und uns glücklicher machen. Lernst du es im alltäglichen Leben, deine Bedürfnisse auszudrücken, dann gelingt es dir auch wahrscheinlicher bei den großen Angelegenheiten. Dies kann von einem Sitzplatzwechsel im Restaurant bis zur Anfrage nach einer Gehaltserhöhung gehen. Lerne deine Bedürfnisse auszudrücken.

  4. Sei gütig mit dir selbst. Verzeihe dir. Denn dein Ich zum Zeitpunkt X wusste es nicht besser. Es hat innerhalb seiner Handlungsmöglichkeiten und seinem Wissensstand gehandelt. Dein Ich zum jetzigen Zeitpunkt ist wie ein anderer Mensch mit neuen Handlungsmöglichkeiten und neuem Wissensstand. Reue signalisiert Entwicklung. Auch wenn man manchmal mehrere Anläufe braucht, um daraus zu lernen.

Reue ist gut, denn es macht dich weiser und hilft dir, zukünftig bessere Entscheidungen zu treffen. Es erhöht reparierende Verhaltensweisen, wie z.B. sich entschuldigen, und führt in den meisten Fällen zu einer Verhaltensänderung. Wenn du etwas bereust, dann bedeutet es, dass du dich weiterentwickelt hast, denn was du eben noch entschieden hast, würdest du jetzt anders machen. Nie etwas im Leben zu bereuen, ist ein unrealistisches Ziel. Denn das würde ja bedeuten, dass du nie Entscheidungen triffst, nicht aus den falschen Entscheidungen lernst oder dich generell nicht weiterentwickelst. Versuche einfach die großen Dinge, die dir im Leben wichtig sind, nicht zu bereuen und denke daran, dass du eine Wahl hast!

Reue möchte uns nicht an unsere schlechten Entscheidungen erinnern, sondern daran, dass wir es besser können. – Kathryn Schulz

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Davidai, S., & Gilovich, T. (2018). The ideal road not taken: The self-discrepancies involved in people’s most enduring regrets. Emotion, 18(3), 439-452.

Foto: Unsplash

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