Hinter den Kulissen mit der Stylistin Hakeemah

[:de]Es war vor fast genau 2 Jahren, als ich Hakeemah das erste Mal traf: Backstage des International Modest Fashion and Designer Festivals in Toronto war sie eifrig dabei, die Modells zu stylen – hochschwanger! Ihre freundliche und professionelle Art machen sie sofort sympathisch, deswegen vertrauen auch viele Kundinnen auf ihren Styling Service. Lest im Interview mehr über diese außergewöhnliche Frau, die schon seit vielen Jahren hinter den Kulissen der Modest Fashion Industrie arbeitet .

 

BASMA: Bitte erzähle uns etwas von Deinem Werdegang als Stylingberaterin. Wie bist Du auf die Idee gekommen, einen Modest Fashion Styling-Service anzubieten?

Hakeemah: Ich habe mein Geschäft 2009 zunächst als einen Hijab Shop gegründet. Ich habe die damals angesagten bedruckten Maxi-Viskose-Schals zu Großhandelspreisen eingekauft, um sie weiterzuverkaufen. Es war ein super Geschäft, aber ich wusste, dass es nichts Langfristiges war. Ich wollte mein Geschäft nachhaltig aufbauen und mit Designern auf eine sinnvolle Weise zusammen arbeiten. Trends und Stile kommen und gehen und ich wollte nicht nur das angesagte Mädchen des Augenblicks sein, welches austauschbar ist.

Ich wollte Frauen helfen, sich auf einzigartige Weise modest anzuziehen. Ich hatte eine größere Pause im Jahr 2013 eingelegt, als ich in den Raum Washington DC gezogen bin. Hier habe ich angefangen, an der DC Fashion Week teilzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt hatte man begonnen, Modest Fashion auf den Laufstegen zu präsentieren. Dort arbeitete ich als Stylistin hinter der Bühne, wickelte Hijabs und ließ die Models anziehen. Ich liebte es backstage und erkannte, dass es das war, was ich wollte. Also habe ich für die Fashion-Saison im Februar 2014 mit einigen lokalen und internationalen Designern und Boutiquen zusammengearbeitet, um ihre Designs zur Show zu bringen und die Anfänge meines Styling-Services zu etablieren. Und von da an sah ich meine Rolle als Stylistin florieren, alhamdulillah!

BASMA: Was ist die Inspiration für Dein Aussehen? Hast Du gerade Lieblingsdesigner?

Hakeemah: Ich beziehe mich normalerweise auf den Gedanken des Designers, als er die Kleider  entwarf. Wen will er/sie anziehen, wohin geht diese Person und zu welchem ​​Zweck? Dann kann ich wählen, für eine elegante Hochzeit, einen Strandurlaub, eine vielbeschäftigte Mutter u.s.w. Ich arbeitete z.B. mit einem Designer aus Dubai zusammen, der sehr funky Prints hatte, die vom Khaleeji-Lifestyle inspiriert waren. Also stylte ich mit lustigen Turbanen und coolen Sonnenbrillen. Für eine Marke, mit der ich gerade arbeite, ist der Name selbst eine Inspiration, „Aweea“. Es bedeutet „starke Frau“, also versuche ich, in meinem ganzen Styling Kraft und Willen auszudrücken. Egal, ob Busniness Frauen, junge Mütter oder Damen aus der High Society, ich lasse all diese Dinge mit mir sprechen, um zu entscheiden, wie die Kleidungsstücke getragen werden.

Ich liebe es auch, auf die unbesungenen Helden, auf die aufstrebenden, die zurückhaltenden Genies der Branche aufmerksam zu werden. Die Marke, die nicht jede Bloggerin trägt. Aber das sind eben Pioniere, also sollte jede Frau ein Stück besitzen. Ich folge jedem Designer, der mir begegnet ist und an dem interessiert bin, was er zu bieten hat. Designer aus dem südostasiatischen Raum tragen einige der schönsten Designs. Ihre Mode verbindet traditionelle mit zeitgenössischen Elementen und ist dabei immer noch modest.

Ich mag auch Designer, die daran interessiert sind, Vielfalt zu repräsentieren – sei es auf dem Laufsteg, in Social-Media-Kampagnen oder auf andere Weise. Inklusivität ist eine große Sache für mich.

Eine andere Marke, die mich auf diese Weise anspricht, ist Aywa London. Jedes Stück wird sorgfältig ausgewählt, um auf kulturell bedeutsame Weise gedruckt und gewebt zu werden und jedes Stück verbindet Modesty mit Klasse. Wenn ich könnte, würde ich die ganze Zeit nur Aywa anziehen ! Eine andere Marke, die ein aktueller Favorit ist, ist Aweea, die ich bereits erwähnt habe. Von handgefertigten japanischen Shibori-Prints über afrikanische Ankara-Jacken bis hin zu Denim-Abayas, die so amerikanisch sind wie Blue Jeans – Aweea macht alles so gut.


„Ich wollte nie verloren gehen.“


 

BASMA: Was sind Deine ultimativen Styling Tipps und Tricks für Hijabis?

Hakeemah: Ich könnte mein Leben als Hijabi ohne Sicherheitsnadeln für Windeln nicht leben !! Normale Sicherheitsnadeln sind klein und nicht stabil und öffnen sich auch unter Druck. Als Stylistin kann ich nicht zulassen, dass das Styling nicht hält, wenn die Modells den Laufsteg herunterlaufen. Auch als relativ kleine Person muss ich oft mein Kleid oder Rock umstecken, damit sie mir richtig passen. Ich benutze Sicherheitsnadeln für Windeln und sie halten in jeder Situation.

Ein weiterer Tipp ist in der Regel stylingmäßig sich selbst treu zu bleiben. Nicht jede kann alles tragen, also finde, was dir gut steht und dich bedeckt – und rocke es! Nachdem ich z.B. Babys bekommen hatte, war es schwer für mich, meine alte Kleidung gleich anzusehen. Ich war frustriert, mich anzuziehen, es machte keinen Spaß mehr. Irgendwann fand ich endlich, was zu mir passte und funktionierte. Ich gab alles weg, was ich nicht mehr brauchte. Wenn du dich nicht schön fühlst, solltest du es nicht tragen.

BASMA:  Welche Person würdest Du gerne stylen?

Hakeemah: Ich würde Ibtihaj Muhammad gerne für einen besonderen Anlass anziehen. Sie ist so ein großes Vorbild für viele Frauen als Hijabi im Rampenlicht. In einer Zeit, in der es in Amerika schwer ist, wenn man schwarz, weiblich und muslimisch ist, ist ihr Erfolg ein dreifacher Schlag. Sie brilliert als Fechterin und bewältigt jedes Hindernis mit solch einem Anmut. Außerdem hat sie ihre eigene Kleidungslinie und ist schon eine sehr stilvolle Frau, so würde die Arbeit mit ihr ein Privileg sein.

BASMA:  Welche sind die Haupthindernisse, denen Du begegnet bist, seit Du in der Modest Fashion angefangen hast? Wie gehst du mit ihnen um?

Hakeemah: Schon als ich klein anfing wusste ich, dass das, was ich tat, nicht das war, was ich in 5 Jahren machen wollte. Für mich war es das Ziel, zu wachsen . Ich versuche, meine Absichten immer zu reinigen und meine Gedanken neu zu zentrieren, um zu wissen, was ich tue und warum ich es tue. Ich wollte nie verloren gehen. So schnell wie die Industrie wuchs, besonders im Mainstream-Bereich, befürchtete ich, dass ich am Ende Dinge tun würde, die nicht mit meinen Prinzipien als Muslimin übereinstimmen. Also muss ich mich immer selbst überprüfen, über Wege nachdenken, wie ich zu meinen Zielen kommen kann und mir als Person treu bleiben. Es ist etwas, das ich die ganze Zeit mache und ich denke, dass es mich auf dem Boden gehalten hat.

BASMA: Wie definierst Du die Rolle von Influencern in der Industrie?

Hakeemah: Influencer sind diejenigen, die eine wichtige Rolle bei Trends spielen, vor allem Modetrends. Aber Einfluss kann in so vielen Aspekten des Lebensstils gemacht werden – wohin der Influencer reist, was er isst oder wo er/sie shoppt . Oftmals ist dies ein Zahlenspiel –  je nach dem wie viele Follower und Traffic sie haben, können sie sich als Influencer qualifizieren. Aber der Einfluss auf andere, insbesondere im Social-Media-Bereich, sollte meiner Meinung nach nicht unbedingt nach Quantität, sondern nach Qualität bewertet werden. Die Beeinflussung der Positivität sollte mehr geschätzt werden, selbst wenn der Account 100 Follower hat, anstatt auf 100K Follower mit einem negativen Einfluß. Leider läuft das manchmal nicht so.


„Warum ignorieren wir einige und lieben andere? Es gibt einen Grund dafür, wenn auch unterbewusst.“


 

BASMA: Was denkst Du über das Thema fehlende Vielfalt? Denkst Du, dass es an Repräsentation / Anerkennung mangelt?

Hakeemah: In der Modest Fashion gibt es definitiv eine Kluft in der Repräsentation, so wie es in den meisten Aspekten des Lebens ist. Daraus folgt, dass es in der Modest Fashion das gleiche ist. Manchmal sind die Unterschiede subtil, manchmal stark. Afroamerikanische Muslime stellen prozentual die meisten Muslime in den USA, werden jedoch oft von Gesprächen, Danksagungen und Anerkennung für ihre Leistungen innerhalb und außerhalb der Modest Fashion ausgeschlossen. Nisa Islam brachte die Modest Fashion zur DC Fashion Week, lange bevor sie auf dem Runway in NYFW von Anniesa Hasibuan gezeigt wurde. Die DCFW-Show wurde nie in der Vogue und in der Marie Claire gefeatured oder viral auf der ganzen Welt geteilt. Ich verstehe das, es ist eben New York, aber die Tatsache bleibt. Die DCFW-Show war größtenteils von Afroamerikanern und anderen afrikanischer Abstammung besetzt, so wie ich.  Einige der coolsten Modeschöpfer sind Afroamerikanerinnen aus Philadelphia und New Jersey, und einige der am längsten laufenden Modest Fashion Shows in den USA werden von afroamerikanischen Schwestern geführt, die schon lange vor dem Launch der Ramadan Kollektion von DKNY oder der Abaya Kollektion von Dolce Gabbana an die Bedürfnisse von Modebegeisterten aus diesem Bereich gedacht haben. Warum ignorieren wir einige und lieben andere? Es gibt einen Grund dafür, wenn auch unterbewusst.

BASMA: Was vermisst Du in der Modest Fashion Branche?

Hakemah: Ich würde gerne eine Modest Fashion Week in den USA sehen. Professionell produziert, allumfassend und mit hohen Ansprüchen in Bezug auf Design und Präsentation. Ich denke, dass es für Mainstream-Fachleute mehr Möglichkeiten geben wird, mit Modest Fashion Designern, Stylisten, Models und anderen auf sinnvolle Weise zusammenzuarbeiten, was ein gesundes Wachstum des Geschäfts fördert. Den USA fehlt eine große, stabile Plattform, auf der unsere Talente glänzen können.

BASMA: Was hat sich seit Deinen Anfängen verändert?

Hakeemah: Es gibt großartige Errungenschaften, die ich seit meinen bescheidenen Anfängen  gesehen habe, und es gibt Dinge, die eher unglücklich sind. Muslimische Frauen sind wachsende und führende Unternehmen, die durch den Verkauf von Kopftüchern und Modest Fashion profitabler sind als je zuvor. Mädchen, die früher vielleicht dachten, dass Hijab oder entsprechende Kleidung für die ältere Generation und nicht mehr relevant wäre, wurde gezeigt, dass Hijab für gestern, heute und morgen ist und niemals aufhören wird, dem Zweck und der Notwendigkeit zu dienen, wie Allah es für richtig hält. Es gab Leute, die zu mir als ein junges Mädchen kamen und fragten: „Was ist das für ein Ding auf deinem Kopf?“ Nun, Hijab ist keine seltsame Sache auf dem Kopf einer Frau. Es ist etwas, was die Leute mitterweile mehr verstehen können, weil es normalisiert wird.

Aber ich sehe ein gewisses Maß an Verringerung der Religiosität des Hijabs, indem es auf ein Mode Statement oder einen Trend reduziert wird. Und das nicht nur durch muslimische Frauen selbst, sondern auch durch Menschen, die den Hijab für ihr eigenes Interesse nutzen. Für viele Dinge gibt es eine gute und eine schlechte Seite, und wenn man sich nur auf das Gute, nur um positiv zu bleiben, konzentriert, wird das alles nur noch schlimmer machen. Lasst uns klar ansprechen, wie wir dargestellt werden wollen und wie nicht. Es wird uns nur mehr Kraft geben.

BASMA: Wo siehst Du in 5 Jahren die Modest Fashion Industrie?

Hakeemah: Es ist schwer zu sagen, aber ich hoffe, dass wir in „normalen“ Geschäften mehr stylische Modest Fashion finden. Wir reklamieren das schon seit Jahren  und es hat in einigen Fällen funktioniert, aber wir brauchen mehr. Wir brauchen es in der gleichen Menge wie es Tank Tops und Shorts gibt. Verona Collection wird bei Macy’s verkauft. Ich denke, es war ein großer Gewinn für die Modest Fashion. Ich würde gerne mehr davon sehen. Immer mehr muslimische Frauen bringen ihre Talente in große Unternehmen ein und werden durch die größere Plattform gestärkt.

BASMA: Was sind Deine nächsten Pläne und Projekte?

Hakeemah: Ich plane, am 25. August 2018 in Toronto, für das International Muslim Fashion Design Festival (IMFDF) zu sein. Dort werde ich für internationale Modest Fashion Designer arbeiten, die daran interessiert sind, ihre Designs auf dem Laufsteg zu sehen. Sie beauftragen mich, die Looks zu stylen und an der Show für sie zu arbeiten. Dies wird mein drittes Mal beim IMFDF sein und es ist immer ein großer Erfolg. Platz ist immer noch verfügbar, wenn auch begrenzt. Ich werde 15 Designs inshallah präsentieren – ich kann nicht abwarten!

 

Wer Interesse hat, dass Hakeemah Eure Kollektionen in Kanada dieses Jahr präsentiert, kann sich gerne bei ihr unter cmbstyling@gmail.com melden.[:]

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