#AskIman: Selbstliebe

 

Thema: Selbstliebe

Alter: 27

Geschlecht: weiblich

Nachricht: Liebe Iman, wie kann ich wieder selbstbewusster werden und mit Enttäuschungen fertig werden? Wie kann ich von vorne beginnen und wieder Motivation finden? Wie kann ich negative Einflüsse ignorieren? Alle scheinen eine Meinung über mich zu haben, aber ich habe keine Ahnung, was ich will und ob ich mich überhaupt mag.

Liebe Weiblich, 27,

Zunächst einmal vielen Dank für dein Vertrauen, und ich werde versuchen Deine Fragen bestmöglich zu beantworten.

Leider kann ich aus deinen Fragen nicht einordnen, um Du generell mit an fehlendem Selbstbewusstsein leidest oder ob es eine situationsbedingte Entwicklung ist. Du erwähnst Enttäuschung und Schwierigkeiten Motivation zu finden, als sei Dir erst vor kurzem etwas widerfahren, das Dir zu schaffen macht.

Lass uns aber erstmal, auch wenn es untypisch, von hinten beginnen. Du schreibst von negativen Einflüssen und den Meinungen der anderen, und was noch viel wichtiger ist, dass du nicht weißt, ob Du Dich magst.

Hier liegt der Kernpunkt Deines Problems, das du mit so vielen anderen Menschen teilst. Im Laufe des Lebens kommen wir alle an einem Punkt, an dem wir alles hinterfragen. Allen voran steht die Frage: Wer bin ich wirklich? Und was will ich von Leben? Das Leben verläuft nicht linear und wir werden immer wieder mit Problemen zu kämpfen haben, aber es ist einfacher mit Problemen, Frustrationen und Enttäuschungen klar zu kommen, wenn wir diese Fragen beantwortet haben.

Denn haben wir dies geschafft, wissen wir auch, was uns gut tut und was nicht. Welche Menschen unser Leben bereichern und welche Menschen ein schlechtes Gefühl in uns hinterlassen. Sicher kennst Du das, Du gehst mit einer Gruppe von sogenannten Freunden etwas essen oder unternimmst etwas anderes und kommst in einem „leeren“ Zustand nach Hause. Wiederholt sich das zu häufig, fängt man an sich zu hinterfragen und denkt, dass man nirgendwo reinpasst.

Persönlich, aber auch professionell, finde ich, dass es unheimlich schwer ist die richtigen Menschen ins eigene Leben zu lassen. Und dabei meinen es nicht alle böse, aber dadurch, dass wir alle unseren Ballast mit uns hertragen, ist es unheimlich schwer das Leben der anderen nicht insgeheim zu verurteilen und es dann auch zu verbalisieren. Sowas geschieht oft aus Unwissenheit und Unsicherheit. Weiß man aber, was man vom Leben will und braucht, wird es leichter das Herz für die richtigen Menschen zu öffnen.

Eine Frage, die ich meine Patienten und Klienten oft stelle, ist: Warum glaubst weniger wert zu sein als andere? Oft höre ich dann eine lange Liste von Fehlern, die man begangen hat, die den eigenen Wert angeblich mindern.

Um dieses Gefühl zu umgehen oder zu bekämpfen, kann man viele Ansätze finden, aber ich wähle bewusst zwei:

  1. Ist man gläubig (und es ist wirklich egal, mit welcher Religion man sich identifiziert) muss man erkennen, dass wir alle gleich erschaffen wurden und wir alle den gleichen Regeln unterliegen. Ganz simpel gesehen, wir unterlegen alle der Schwerkraft. Es gibt keine Ausnahmen. Warum solltest Du unter diesen Umständen, dann weniger wert sein als andere? Ach ja, die Fehler.. Es reicht an dieser Stelle nicht zu sagen, dass wir alle Fehler machen, denn auch wenn diese Aussage absolut richtig ist, sind wir in unserer eigenen Wahrnehmung häufiger schlechter als andere. Da hilft es auch nicht, wenn andere uns das Gegenteil sagen. Aber auch hier komme ich auf die Regeln zurück, die für uns alle gelten. Ist man gläubig, und dies ist Bestandteil jeder Religion, so ist Vergebung eines der wichtigsten Konzepte. Sagen wir also, Du hast tatsächlich richtig Mist gebaut. Und du bittest inständig um Vergebung, dann wirst du diese erhalten. Wer bist Du also, dass Du Dir unter diesen Umständen, dann nicht selbst vergeben kannst? Selbst, wenn du wirklich Mist gebaut haben solltest, du kannst schon jetzt einen neuen Weg gehen. Nicht morgen, nicht in einer Stunde. Jetzt.

  2. Der zweite Ansatz ist etwas komplizierter, denn dieser orientiert sich streng genommen an den eigenen, rationalen Gedanken. Wenn wir betrogen oder belogen wurden, schaffen wir es immer noch Situationen zu relativieren und uns in andere hinein zu versetzen. Ein sehr vereinfachtes Beispiel wäre, wenn jemand stiehlt, weil er nicht genügend Geld hat den gewollten Artikel zu kaufen. Oft erkennt man, auch wenn es nicht richtig ist, dass die Motivation hinter der Tat einen sehr traurigen Ansatz hat. Und selbst, wenn man niemals so weit gehen würde, wird irgendwas in uns sagen, ja – ich heiße das nicht gut, aber ich kann verstehen, warum das passiert ist. Diese Sichtweise oder Strategie nutzen wir Menschen nur sehr selten, wenn es um das Selbst geht. Aus unserer Sicht sind unsere Vergehen untrag- und unverzeihbar. Ja, es gibt Dinge, die sind wirklich schwer zu schlucken, wie Gewaltdelikte zum Beispiel. Aber auch diese Menschen können heute schon entscheiden sich zu ändern.

Natürlich, wird es immer Situationen geben, in denen es nicht so einfach ist, aber ich wollte generell ein Bild aufzeichnen, dass Dir eventuell hilft zu verstehen, dass Dein Wert in dieser Welt in keinster Weise minimiert wird, nur weil andere Dir das eventuell sagen oder einreden. Niemand hat das Recht Dir Deinen Wert abzusprechen, nicht mal Du selbst. Hast du das erstmal verstanden kannst Du Dich auf die Suche machen. Die Antwortssuche auf die Frage: Wer bin ich und was will ich?

Hast du diese Punkte einmal für Dich definitiert, wird es einfacher negative Gefühle zu regulieren. Du wirst mit Enttäuschungen besser klar kommen können, weil du plötzlich ein Ziel vor Augen hast.

Ich bin Person, XY, dies sind meine Werte und Prinzipien, die ich verfolge und dies und das sind die Dinge, die ich vom Leben will.

Hast Du diese Übung gemeistert, ist es damit nicht getan, denn wie schon am Anfang gesagt, das Leben ist nicht linear und man verändert sich ständig im Leben. Man muss diese Frage also immer wieder neu evaluieren. Manchmal kommen neue Sachen hinzu oder Dinge verändern sich oder werden gar gestrichen. Hat man aber erstmal verstanden, wie es funktioniert, kann man an jedem Tiefpunkt immer einen Ansatz für den Neuanfang finden.

Ich empfehle hierzu den altmodischen Stift und das Papier. Einfach aufschreiben, was für Träume und Wünsche eine Rolle spielen, was wichtig ist am jetztigen Leben und welche Prinzipien (Religion, Wertesystem, gesellschaftlichen Modelle) leitend sind. Kommt man irgendwann nicht weiter im Leben, kann man so das Kontrollgefühl wiederbeleben und neue Motivation finden. Nach und nach werden dadurch die Stimmen und Meinungen der anderen weniger wichtig und laut erscheinen.

Ich hoffe sehr, dass Dir die Antwort weiterhilft.

Alles Gute für die Zukunkt und viel Erfolg!

Iman

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