3 Mamas, 3 Stillerfahrungen

Als werdende Mütter machen wir uns viele Gedanken in Bezug auf all die neuen Aufgaben, die auf uns zukommen. Eines der ganz großen Themen ist dabei oft das Stillen. Jede Mutter hat unterschiedliche Erfahrungen gesammelt und jeder Mensch hat unterschiedliche Vorstellungen vom Stillen, welche mehr oder weniger durch die Gesellschaft geprägt werden.
Folgende Fragen tauchen im Laufe der Schwangerschaft und Stillzeit auf: Will ich überhaupt stillen? Wie lange soll ich/man stillen? Was mache ich, wenn ich unterwegs bin? Wie reagieren meine Mitmenschen auf das Stillen? Und vieles mehr…
In diesem Artikel behandeln wir zum einen sachliche Informationen zum Stillen und zum anderen teilen drei Mütter ihre unterschiedlichen Erfahrungen, wie es ihnen mit dem Stillen erging.

Der Begriff Stillen ist ein Synonym zum Säugen. Damit ist gemeint, ein Baby beziehungsweise ein Kind mit der Muttermilch zu ernähren. Während der Schwangerschaft bereitet sich der Körper auf die Milchproduktion vor. Nach der Entbindung des Babys ist es wichtig, das Neugeborene an die Brust anzulegen. Denn durch das Saugen an der Brust produzieren die Milchdrüsen die Milch. Beim Stillen wird im Körper der Mutter das Hormon Oxytocin ausgeschüttet, welches den Milchfluss verstärkt, das Zusammenziehen des Uterus (Nachwehen) bewirkt, sowie das Wohlbefinden auslöst.

Dieses kann auch am Anfang etwas schwierig, anstrengend oder schmerzhaft sein. Einerseits muss das Neugeborene lernen, dass es für seine Nahrung „arbeiten“, also saugen muss und nicht mehr alles durch die Nabelschnur erhält. Andererseits können die Nachwehen schmerzhaft sein. Das Wohlbefinden kommt mit der Zeit, je länger man stillt. Durch die Gewöhnung und Routine wird es mit der Zeit besser und dieses äußert sich auch in der Beziehungsgestaltung der Mutter und des Babys.

Quelle: Pixabay

Warum ist Muttermilch ein Wunder?

Muttermilch ist das Beste, was das Neugeborene in der Regel bekommen kann. Denn sie passt sich den Bedürfnissen des Säuglings an und ist individuell auf ihn abgestimmt. Muttermilch enthält alle wichtigen Nährstoffe in der richtigen Qualität und Menge. Das heißt, die richtigen Eiweiße, Fette, Kohlenhydrate, Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine, die ein Säugling für sein gesundes Wachstum braucht. Des Weiteren ist Muttermilch leicht verdaulich und passt sich den wachsenden Nahrungsbedürfnissen des Babys während der Entwicklung an. Sie enthält besondere Abwehr- und Schutzstoffe, die ein Kind vor Krankheiten wie zum Beispiel Durchfall und Mittelohrentzündungen schützen kann.

Erkrankt das Baby, ist die Muttermilch auf die Erkrankung eingestellt und ändert ihre Konsistenz, um die Erreger zu bekämpfen. Deshalb kann die Muttermilch in vielen Bereichen angewendet werden. Beispielsweise hilft die Muttermilch bei verstopfter Nase des Säuglings. Die Brustwarze der Mutter soll bei Entzündungen mit Muttermilch eingerieben werden. Durch das Stillen verhindert die Muttermilch eine Überernährung des Babys. Sie ist zu jeder Zeit und an jedem Ort verfügbar, hat immer die richtige Temperatur und ist hygienisch einwandfrei. Ein weiterer Punkt ist, dass die Muttermilch kostenlos ist (Quelle:kindergesundheit-info.de).

Alle Hersteller für Babyersatznahrung versuchen, ihre Produkte so gut wie möglich der Muttermilch anzupassen, jedoch klappt es nicht vollständig. Deshalb ist das Stillen bzw. die Muttermilch etwas Besonderes, ein Wunder.  
An dieser Stelle sei dennoch erwähnt, dass Milchpulver ebenfalls ein Segen sein kann, gerade wenn das Stillen nicht klappt – wie ihr unten in einem Erfahrungsbericht lesen könnt.

Stilldauer

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, bis zu sechs Monaten ausschließlich zu stillen und dann mit der Beikost anzufangen. Das heißt, das Stillen weiterführen und zusätzlich andere Nahrungsmittel anzubieten, da Babys eine längere Zeit brauchen sich an feste Nahrung zu gewöhnen. Dieses wird bis zum zweiten Lebensjahr des Kleinkindes empfohlen. (Quelle: http://www.euro.who.int/de/publications/abstracts/feeding-and-nutrition-of-infants-and-young-children).
Auch aus islamischer Perspektive wird eine zweijährige Stillzeit empfohlen.

„(…) und die Mütter dürfen ihre Kinder zwei volle Jahre Stillen, wenn sie die stillperiode vollenden wollen (…)“

Sura 2:233, Muhammad Asad – Die Botschaft des Koran

Still-Hindernisse

Das psychische/seelische Befinden der Mutter spielt eine zentrale Rolle beim Stillen. Ist die Mutter gestresst oder traurig, kann die Milchproduktion darunter leiden. Auch das ständige Abpumpen der Muttermilch kann sehr früh zum Abstillen führen, da durch das Abpumpen immer dieselben Milchdrüsen entleert werden. Saugt jedoch das Baby an der Brust, öffnen sich dadurch immer wieder neue Milchdrüsen und dadurch wird immer wieder neue Milch produziert. Deshalb sollten werdende Mütter selten Milch abpumpen, außer bei einer medizinischen Indikation wie Milchstau etc. (Quelle:kindergesundheit-info.de).

Ernährung der stillenden Frau

Jeder stillenden Frau sollte sich darüber im Klaren sein, dass der eigene Lebensstil und die Ernährung auch nach der Geburt eine wichtige Rolle spielt. Dass gesundheitsschädliche Dinge wie Alkohol, Drogen oder Rauchen in der Stillzeit tabu sind, sollte klar sein. Auch bei Medikamenteneinahme sollte immer vorher mit dem Arzt abgeklärt werden, ob das Medikament in der Stillzeit genommen werden darf.
In puncto Ernährung streiten sich die Geister. Die einen sind fest davon überzeugt, dass Blähungen beim Baby auf die Ernährung der Mutter zurückzuführen sind, andererseits gibt es keine wissenschaftlichen Beweise, dass die Ernährung der Mutter zu Blähungen der Säuglinge führen kann (außer bei Unverträglichkeiten des Babys auf bestimmte Nahrungsmittel). Das kann also jede Mutter so handhaben, wie sie sich damit wohlfühlt.

Stillberatung durch Hebamme

Bei Fragen und Problemen zum Thema Stillen gibt es Stillberaterinnen und Hebammen, die sich auf dieses Gebiet spezialisiert haben.


Erfahrungen

Nach dem sachlichen, informativen Teil kommen wir zu den unterschiedlichen Erfahrungen der Mütter beim Stillen.

Quelle: Pixabay

Taiss‘ Stillerfahrung

Ich wollte unbedingt stillen, das war klar. Jedoch war ich, wie bei vielen anderen Themen, etwas verunsichert und stellte mir die Frage: Was, wenn es aus irgendeinem Grund nicht klappt? Denn ich hörte viele Geschichten und Meinungen zum Thema Stillen.

Gedanken in der Schwangerschaft

Ich besuchte mit meinem Mann einen Geburtsvorbereitungskurs und als das Thema Stillen dran war, suchte ich das Gespräch mit der Hebamme und den anderen Kursteilnehmern. Meine Kursleiterin, also die Hebamme, hat mir einen Satz gesagt, welchen ich nie vergessen werde. Sie sagte: „Machen Sie sich nicht so viele Gedanken. In der Regel funktioniert es immer. Dass es Stillprobleme gibt, ist eher eine Ausnahme. Es ist wichtig, was ich möchte und dass ich mich von meinem Vorhaben nicht verunsichern lasse. Will ich stillen? Ja oder Nein?“ Und genauso war es auch. Ich hatte mir vorgenommen meine Tochter ungefähr ein Jahr lang zu stillen, daraus sind jetzt 16 Monate geworden.

Der Stillstart

Nach der Geburt hatte sich meine Tochter am Anfang quer gestellt, zu saugen. Da ich genau wusste, was ich wollte, haben die Pflegekräfte und ich alles versucht, dass sie an der Brust saugt. Und mit viel Geduld hat es auch geklappt. Da ich einen Rückbildungskurs ohne Baby besucht habe, habe ich etwas Milch abgepumpt, damit mein Mann ihr bei Bedarf die Flasche geben kann. Jedoch hat sie die Flasche nicht angenommen. Obwohl es mir und meiner Tochter mit dem Stillen gut ging, kamen immer mal Kommentare und Fragen von Familienangehörigen. Wird das Kind auch satt von deiner Milch? Oh mein Gott, stillst du immer noch? Wenn du so lange stillst, wird dein Kind sehr anhänglich.

Die Hebamme hatte recht, es ist sehr wichtig, was man selber will und auch dabei bleibt. Als unerfahrene Mutter lässt man sich schnell durch diese ganzen Kommentare beeinflussen und verunsichern. Während der Entwicklungsschübe meiner Tochter gab es immer mal Momente, wo ich das Gefühl hatte, ich kann nicht mehr. Da es vor allem Nachts sehr anstrengend wurde.

Mein Rat

Aber Gott sei Dank gehen die Phasen vorüber und das Stillen und die Nächte haben sich normalisiert. Mein Fazit: Egal, wie man es macht, es gibt immer irgendwelche Kommentare und Meinungen. Stille ich nicht oder stille ich früh ab, wird einem das Gefühl gegeben, dass man eine Rabenmutter ist. Stille ich „lange“ (circa ein Jahr) ist man dann die Oberglucke. Von daher mein Rat: Selbstbewusst und konsequent bei seinem Vorhaben bleiben und daran geduldig arbeiten.


Quelle: Pixabay

Nuras Stillerfahrung

Obwohl meine Tochter 22 Monate alt ist, stille ich sie noch immer – das war ehrlich gesagt so nicht geplant. Dass ich stillen möchte, war von Anfang an offensichtlich und es hat Gott sei Dank im Krankenhaus auch gut funktioniert.

Die erste Verunsicherung

Jedoch gab es leider eine kleine Meinungsverschiedenheit: Meine Hebamme hatte mir vor der Geburt immer wieder erzählt, wie wichtig es wäre, die Brust nicht länger als je 20 Minuten und in einem Abstand von maximal zwei Stunden zu geben. Da ich nicht auf tausend Meinungen eingehen wollte und ihr vertraut habe, habe ich den Rat meiner Hebamme auch umgesetzt. Einen Monat weinte die Kleine immer wieder. Auf Nachfrage bei der Hebamme, kam immer die Antwort, dies wäre kein Hunger und ich solle ihr auf keinen Fall mehr die Brust geben. Nach einem Monat war ich ausgelaugt und konnte das Weinen nicht mehr ertragen. Ich wagte einen Schritt voraus und jedes Mal, als sie geweint hatte, bot ich ihr die Brust an und siehe da: Das Weinen ließ nach und die langen Weinphasen waren Geschichte.

Das war der Punkt, in dem ich entschieden habe, meine Tochter bedürfnisorientiert aufwachsen zu lassen. 

Beginn der Beikost

Mit sechs Monaten habe ich langsam die Beikost eingeführt. Sie nahm zwar ihre Mahlzeiten gut ein, die Stilleinheiten haben sich jedoch maximiert. Als ihr erster Zahn wuchs, bekam sie weniger Lust, wie gewohnt zu essen – sie wollte plötzlich nicht mehr. Gedanken kreisten um mich herum, weil ich oft Kommentare bekommen habe, dass meine Milch nicht genug Nährstoffe enthält. Ich habe aber gelernt, es geduldig mit ihr anzugehen, solange sie nicht abnimmt und die Muttermilch trinkt, ist alles gut.

Das Ende der Stillzeit rückt näher

Jetzt, kurz vor ihrem zweiten Geburtstag, habe ich mich entschieden, sie in der nächsten Woche abzustillen. Ich bin auf die großen Veränderungen gespannt, wie es ablaufen wird, denn zu ihrem ersten Geburtstag hatte ich es – wie auch schon vor der Geburt geplant – versucht, sie abzustillen. Dies ist schon in der ersten Nacht gescheitert, da wir beide nicht bereit waren. Nun habe ich aber für mich entschieden, dass es genug sei und denke, dass es diesmal einfacher wird. Drückt mir die Daumen :). 


Quelle: Pixabay

Yasminas Stillerfahrung

Meine Tochter ist 16 Monate alt. 
 

Es war schon immer mein Traum, sie zu stillen, so sehr habe ich mich darauf gefreut. Die Vorteile des Stillens und wie sich diese auf die Mama-Kind-Bindung auswirken, begeisterten mich. Jede Frau, die nicht gestillt hat, hatte in meinen Augen so viel verpasst und würde niemals eine enge Bindung zu ihrem Kind aufbauen. Ich wurde eines Besseren belehrt. 

Ein Start mit Herausforderungen

Meine Tochter kam genau am Stichtag zur Welt. Aber leider nicht im Geburtshaus mit meiner lieben Hebamme und der kuscheligen Umgebung. Sondern im Krankenhaus per Notkaiserschnitt nach zwei Tagen unendlich schmerzhaften Wehen. Wir waren so erschöpft von der Prozedur, dass das Stillen für uns beide zunächst etwas lasch lief. Aber das wunderte niemanden nach dieser schweren Geburt. Als dann die Schwester langsam drängte, ich solle sie anlegen, bekam N. den Mund nicht auf. Nur ihre Lippen hatte sie ein wenig gespitzt. Da war keine Kraft, nichts. Sie konnte nichts mit diesem Prozedere anfangen. Die Krankenschwester unterstellte ihr, sie „wolle nicht“ trinken. Ich war davon überzeugt, dass sie es nicht konnte. Wie das aber so ist, vertraut Frau anderen mehr als sich selbst. Ich glaube, das ist der Fluch des ersten Kindes; dass man seine innere Stimme noch nicht gefunden hat als Mutter*. 

Die erste Zeit zuhause

Zu Hause angekommen, versuchte ich es weiter. Einmal mit Stillhütchen, dann ohne Stillhütchen in allen Stillpositionen (bekannte und unbekannte) und zuletzt mit einem kleinen Schlauchsystem, das ich an meiner Brust befestigte. Mir war alles recht. Hauptsache, mein Kind konnte die Muttermilch aufsaugen, die ich ihr geben wollte. Ich fing an, abzupumpen: „Vergiss das mit der Brust, dann bekommt sie eben nur die Milch!“ Aber N. hatte permanente Bauchschmerzen, schrie Tag und Nacht. Schlief nur auf meiner Brust. Ich pumpte, so oft ich konnte, kam aber nicht mehr hinterher. Inzwischen wurde ich mehr oder minder gezwungen, zu zufüttern, weil sie so stark an Gewicht verlor. 

Der Kampf für das Stillen

Der Ablauf war jedes Mal derselbe: N. weinte. Ich bereitete die Flasche vor. Setzte mich mit ihr hin. Versuchte, sie zu überreden, meine Brust zu nehmen. Sie schrie lauter, drehte sich weg. Ich gab ihr die Flasche. Sie trank und schlief ein. Ich pumpte für das nächste Mal ab. Maschine zu laut. N. wacht auf. Ich höre auf zu pumpen. Drei Monate lang ging das so. Irgendwann ging mir die Milch aus. Ich wollte aber nicht aufgeben und nahm Bockshornklee und Homöopathie. Irgendwie musste es doch gehen. Ich kann den Moment, in dem es Klick machte, nicht mehr genau benennen. Aber ich weiß nur noch, dass ich gemerkt habe, wie unglücklich wir beide mit der Situation waren. Wie unzureichend ich mich jedes Mal fühlte, wenn ich sie anlegte. Und das spürte N. natürlich. 

Milchpulver als Rettung

Ich fütterte sie mit Milchpulver. Dem bösen, verhassten Milchpulver. Und wir waren endlich glücklich. Ich konnte meine Stillecke aufbauen, sie in meinen Armen halten, ganz fest. Ich streichelte und herzte sie. Wir liebten es. Ich habe fast allen verboten, sie zu füttern, weil ich diese Zeit mir ihr nicht missen wollte. Heute bewundern Freunde und Familie die starke Bindung zwischen meiner Tochter und mir und die Art und Weise, mit der wir kommunizieren. Auch die Flaschenmilch hat nichts daran geändert.
 
Jetzt bin ich über meine Entscheidung froh, auch wenn die „Ich hätte es besser machen können“-Episoden immer wieder im Kopf abgespielt werden. Ja, ich hätte es besser machen können. Ja, ich würde beim nächsten Kind gern wieder versuchen zu stillen. Heute weiß ich aber, dass ich es nicht mehr um jeden Preis und auf Kosten meines Kindes versuchen würde.
 
*Inzwischen waren wir einige Male beim Osteopathen und N. hat keine Einschränkungen mehr, alhamdulillah. (Yasmina)
 

Lasst uns zeigen, wie vielfältig Stillerfahrungen sein können und teilt eure Geschichten mit uns unter #basmafamily .

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